Geburtshilfe Frauenheilkd 2021; 81(06): e34
DOI: 10.1055/s-0041-1730776
Abstracts
MGFG

Herlyn-Werner-Wunderlich-Syndrom

C Schechter
Klinik und Polyklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Technische Universität Dresden, Deutschland
,
A Schindelhauer
Klinik und Polyklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Technische Universität Dresden, Deutschland
,
U Canzler
Klinik und Polyklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Technische Universität Dresden, Deutschland
,
P Wimberger
Klinik und Polyklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Technische Universität Dresden, Deutschland
› Institutsangaben
 

Unter Uterus didelphys versteht man eine Doppelanlage von Vagina und Uterus. Eine Vagina endet oft blind. Das sogenannte Herlyn-Werner-Wunderlich-Syndrom (HWWS) ist eine seltene Anormalie des Müllerschen Gangs und manifestiert sich mit Uterus didelphys, hemivaginalem Septum und ipsilateraler Nierenagenesie.

Entwicklungsgeschichtlich bleibt die Verschmelzung der beiden Müller-Gänge aus und es kommt zur Bildung von zwei Uterovaginalkanälen. Nur 120 Fälle eines HWWS sind in der Literatur dokumentiert, in einem einzigen Fallbericht wird auch eine Nierenagenesie kontralateral beschrieben.

Falldarstellung Akutvorstellung der 13–jährigen Patientin bei schmerzhafter Menorrhoe.

Die Patientin hatte vor ca. 8 Monaten ihre Menarche gehabt, die damals schmerzlos war. Seither hat sie regelmäßige Blutungen, die mit jedem Zyklus schmerzhafter werden. Die mittigen Unterbauchschmerzen dauerten über die Periode hinaus an.

Familienanamnestisch sind keine fehlbildungsassoziierten Erkrankungen bekannt.

Abdodaminalsonographisch zeigte sich eine fehlende Niere rechts, sowie entlang der Vagina eine glatt begrenzte echoleere Raumforderung von 90x45x50 mm. Außerdem stellte sich ein zweites Uterushorn mit regelrechtem Endometrium dar. Somit wurde der Verdacht auf einen Uterus didelphys mit Hämatokolpos der atretisch endender rechter Vagina gestellt. Die nachfolgende MRT-Untersuchung bekräftigte die Verdachtsdiagnose eines Herlyn-Werner-Wunderlich-Syndrom.

Es erfolgte die operative Spaltung des Vaginalseptums. Bei den Wiedervorstellungen berichtete die Patientin über eine deutliche Besserung der Dysmenorrhoe. Sonographisch zeigten sich zwei unauffällige Uteri mit regelrechten Cavi.

Prognose Die Patienten stellen sich mit Dysmenorrhoe, Dysparenie, Unterbauchschmerzen, vaginaler Sekretion oder einem Tumor im Becken vor. Medianes Alter ist 13 Jahre. Zur weiteren Diagnostik sollten eine Sonografie und ein MRT erfolgen. Die Diagnose kann durch eine laparoskopische Exploration verifiziert werden. Nach erfolgreicher Therapie kann Beschwerdefreiheit erreicht werden.

Die Literatur zeigt eine uneingeschränkte Fertilität beim Uterus didelphys, die Parität wird mit 40 % angegeben. Es wird beschrieben, dass Frauen mit Uterusfehlbildung und gleichzeitiger Nierenagenesie häufiger an Präeklampsie leiden. Erhöhte Abortraten, vorzeitige Wehen und Frühgeburtlichkeit sind zu erwarten. Eine Uterusfehlbildung ist keine Kontraindikation für den Spontanpartus. In einem Fallbericht wiurde der Spontanpartus dicavitärer Zwillinge beschrieben.

Therapie der Wahl ist die Exzision des vaginalen Septums. Es gibt keine Empfehlung, den zuvor blind endenden Uterus operativ zu entfernen.

Schlussfolgerung Eine frühe Diagnose einer genitalen Fehlbildung steigert die Wahrscheinlichkeit der Beschwerdefreiheit und der Fertilität. Im vorliegenden Fall eines Uterus didelphys ist die Exzision des Vaginalseptums empfohlen und bereits erfolgt.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
01. Juni 2021

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