Transfusionsmedizin 2016; 6(01): 1-2
DOI: 10.1055/s-0042-102598
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Interdisziplinarität – mehr als bloße Zusammenarbeit!

H. Klüter
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Publication Date:
01 March 2016 (online)

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

internationale Tage werden von den Vereinten Nationen ausgerufen, um unsere Aufmerksamkeit auf globale Herausforderungen zu lenken und ein weltweites Gedächtnis zu entwickeln. Seit 2008 wird jährlich am 19. Juni der Sichelzellerkrankung gedacht, einer der weltweit häufigsten genetischen Erkrankungen. Man geht von etwa 500 000 Kindern aus, die jährlich weltweit mit dieser schweren Hämoglobinopathie geboren werden. Von diesen Kindern überleben etwa 50 % die   ersten Lebensjahre nicht. Über Migration wird diese Erkrankung in Länder getragen, die früher nur wenig betroffen waren. So geht man von über 100 000 Patienten in den USA aus. In Deutschland waren bislang schätzungsweise nur wenige tausend Patienten betroffen. Eine Zahl, die infolge der jüngsten Zuwanderungen deutlich ansteigen wird. Über die immunhämatologischen Herausforderungen und die Transfusionsstrategien bei Hämoglobinopathien hatten wir bereits in Ausgabe 2/2013 berichtet. In dieser Ausgabe bringen uns A. Anyanwu, H. Cario und M. Dürken in einer Übersichtsarbeit das Konzept des Erythrozytenaustauschs näher. Die mit der Transfusion gleichzeitig stattfindende Reduktion der Patientenerythrozyten beugt einer Eisenüberladung vor. Diese ist die häufigste Komplikation bei Patienten, die lebenslang auf eine Therapie mit Erythrozytenkonzentraten angewiesen sind.

Der CME-Beitrag in dieser Ausgabe befasst sich mit einem weiteren aktuellen Aspekt der Hämotherapie. Für die Gabe von Humanalbumin gibt es Anwendungsmöglichkeiten in verschiedenen klinischen Situationen. In der Akutmedizin wird die Frage nach dem am besten geeigneten Volumenersatzmittel zur hämodynamischen Stabilisierung gegenwärtig von der Diskussion um die Sicherheit der Hydroxyethylstärke(HES)-Lösungen geprägt. Seit letztem Jahr liegt das überarbeitete Kapitel der Querschnittsleitlinien der Bundesärztekammer zu Human-Albumin vor und gibt auf Grundlage der aktuellen Studien praxisorientierte Therapieempfehlungen. Die Autoren C. von Heymann, L. Kaufner, J. Biscoping, K. Werdan und P.  Kranke, die bei der Überarbeitung der Leitlinien mitgewirkt haben, bewerten den Stellenwert der Therapie mit Albumin und stellen den Prozess der Literaturanalyse bei der Entstehung dieser Leitlinie dar.

Komplettiert wird diese, auf die transfusionsmedizinische Praxis ausgerichtete Ausgabe durch einen von J. Evers und U. Taborski verfassten Praxistipp zum Umgang mit der Citratbelastung bei der präparativen Plasmaspende sowie durch einen Fallbericht aus der klinischen Stammzell-Transplantation von S. Nowak-Harnau, S. Enkel, S. Wirths, W. Vogel und H. Northoff.

Die Interdisziplinarität, die sich auch in der Autorenschaft der Beiträge in diesem Heft zeigt, ist im Kern unseres Faches Transfusionsmedizin angelegt. Nach Peter Euler beschreibt Interdisziplinarität aber mehr als bloß die Zusammenarbeit von unterschiedlichen Disziplinen. Sie ist vielmehr ein Gestaltungsprinzip von Wissenschaft und Technik in Forschung, Lehre und gesellschaftlicher Praxis. Werden wir nicht müde, diese Inhalte auch den nachkommenden Medizinstudierenden und unseren Assistentinnen und Assistenten in Weiterbildung zu vermitteln!

Viel Freude beim Lesen dieser Ausgabe!

Ihr

Harald Klüter

für das Herausgeber-Team