Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0042-105058
Fragen aus der Facharztprüfung Psychiatrie und Psychotherapie
Publication History
Publication Date:
21 April 2016 (online)
Die Inzidenzraten steigen wie die Prävalenzraten mit dem Alter exponentiell an. Im Durchschnitt beläuft sich die jährliche Inzidenz bei den über 65-Jährigen auf 1,5 – 2 %. Damit kommt es in Deutschland pro Jahr zu mehr als 200.000 Neuerkrankungen. Bei etwa einem Drittel der Menschen, die das 65. Lebensjahr vollenden, entwickelt sich im weiteren Altersverlauf eine Demenz.
-
Höheres Lebensalter (stärkster Risikofaktor),
-
genetische Einflüsse; außerdem:
-
positive Familienanamnese,
-
weibliches Geschlecht,
-
schlechtere Bildung,
-
Schädel-Hirn-Trauma,
-
Herzinfarkt.
Etablierte Risikofaktoren von Demenzerkrankungen sind ein höheres Lebensalter und genetische Einflüsse. Das Alter ist fraglos der stärkste Risikofaktor für Demenzen im Allgemeinen und für die Alzheimer-Demenz im Besonderen. In wenigen hoch belasteten Familien wurden zahlreiche, zumeist präsenile Krankheitsfälle zumeist über Generationen beschrieben, die einem autosomal-dominanten Erbgang folgen. Eine normale genetische Variante des Apolipoprotein-E-Gens (ApoE), das s4-Allel, erhöht das Erkrankungsrisiko signifikant, führt aber nicht zwangsläufig zur Demenz. Zwillingsstudien mit erhöhten Konkordanzraten für Alzheimer-Demenz bei monozygoten im Vergleich zu dizygoten Paaren bekräftigen den Einfluss genetischer Faktoren. Weibliches Geschlecht, schlechtere Bildung, Schädel-Hirn-Trauma und Herzinfarkt scheinen – allerdings unspezifische – weitere Risikofaktoren zu sein.
-
Störungen des Gedächtnisses und anderer höherer kortikaler Funktionen,
-
fehlende Bewusstseinstrübung,
-
Störungen der Affektkontrolle,
-
Störungen von Antrieb und Verhalten.
Es handelt sich zunächst um eine syndromale Diagnose, die sich auf den Nachweis multipler kognitiver Defizite, die jeweils funktionell und/oder sozial beeinträchtigend sind, stützt. In den Klassifikationssystemen wird dabei den Gedächtnisstörungen eine dominierende Rolle zugeschrieben. Dies ist v. a. problematisch, da einige Demenzformen in frühen Phasen nicht durch eine prominente Gedächtnisstörung charakterisiert sind, während bereits alltagsrelevante Behinderungen auf anderem Gebieten bestehen (z. B. frontotemporale Demenz, Demenz mit Lewy-Körperchen).
-
An die neurodegenerativen Erkrankungen,
-
an Erkrankungen mit diffuser und multilokulärer Hirnschädigung,
-
an Stoffwechselstörungen,
-
an Intoxikationsfolgen,
-
an die längerfristige Einnahme bestimmter Medikamente v. a. mit anticholinerger Wirksamkeit.
Häufige Ursachen einer Demenz sind:
-
neurodegenerative Erkrankungen: Alzheimer Demenz, Lewy-Körper-Erkrankung, frontotemporale Demenz, Parkinson-Demenz, Chorea Huntington,
-
Erkrankungen mit diffusen und multilokulären Hirnschädigungen: subkortikale vaskuläre Enzephalopathie, Multiinfarktdemenz, symptomatische Demenz bei zerebraler Raumforderung, Hydrozephalus, Vaskulitis, Multiple Sklerose, posttraumatisch,
-
Stoffwechselstörungen: endokrinologisch und Vitaminmangelerkrankungen,
-
Intoxikationsfolgen: v. a. Alkohol, Lösungsmittel, Schwermetalle, CO.
latrogen: längerfristige Einnahme von Antikonvulsiva, trizyklischen Antidepressiva, niederpotenten Neuroleptika und v. a. lang wirksamen Hypnotika. Zu berücksichtigen sind auch andere Medikamente mit anticholinerger Wirksamkeit.
Vorbehaltlich weiterer Untersuchungen, was wäre aus der Anamnese Ihre vorläufige diagnostische Arbeitshypothese?
Vermutlich handelt es sich entweder um eine Patientin, die im Rahmen einer depressiven Erkrankung an reversiblen kognitiven Störungen leidet, oder um eine besorgte, aber gesunde ältere Person.
Unterscheidungsmerkmale:
-
Vorhandensein affektiver Symptomatik,
-
Diskrepanz zwischen den subjektiv wahrgenommenen und den objektivierbaren Defiziten,
-
Rückbildung der kognitiven Symptomatik mit Remission der affektiven Symptomatik.
Charakteristisch für sekundäre kognitive Störungen, die durch eine Depression verursacht sind, ist einerseits die Diskrepanz zwischen subjektiv wahrgenommenen und geäußerten Defiziten sowie die schlechte Testbewältigung, andererseits eine verhältnismäßig gute Alltagsbewältigung (z. B. intakte Hygiene, Orientierung). Zusätzlich findet sich i. d. R. die „klassische“ affektive Symptomatik einer depressiven Erkrankung.
Da insbesondere bei beginnenden dementiellen Erkrankungen die Symptomatik oft nicht so ausgeprägt ist, dass eine eindeutige diagnostische Zuordnung möglich ist, helfen Angaben von Angehörigen oder Bezugspersonen die Veränderungen zum prämorbiden Zustand besser abzuschätzen.
Ob geäußerte Beschwerden, emotionaler Status, kognitive Funktionsfähigkeit, Alltags- oder berufliche Leistungen als pathologisch einzuschätzen sind, fällt insbesondere zu Beginn einer dementiellen Erkrankung schwer. Die Fremdanamnese einer Person, die den Patienten lange kennt, ermöglicht oft erst den Vergleich bestehender Defizite und Auffälligkeiten mit dem prämorbiden Zustand und v. a. der Progression der Symptomatik über die Zeit
-
Beim Delir besteht immer eine Bewusstseinsstörung.
-
Bei den amnestischen Syndromen stehen die isolierten Gedächtnisstörungen im Vordergrund.
-
Bei der leichten kognitiven Störung sind die feststellbaren kognitiven Defizite meist nicht so ausgeprägt wie bei den Demenzen und führen nicht zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen der Alltagsaktivitäten.
-
Wichtigstes Diagnosekriterium für das Delir ist die Bewusstseinsstörung, wobei es sich im Wesentlichen um eine Störung der Aufmerksamkeitsleistung handelt. Außerdem verweisen ein akuter Beginn und ein fluktuierender Verlauf auf ein Delir.
-
Bei den amnestischen Syndromen sind die Fähigkeiten zum Erlernen neuer Informationen und zur Erinnerung an vergangene Ereignisse beeinträchtigt. Im Unterschied zum Delir fehlen die Störungen der Aufmerksamkeit und des Immediatgedächtnisses, und es finden sich keine schweren intellektuellen Defizite in anderen Domänen wie bei den Demenzen.
Bei der leichten kognitiven Störung finden sich kognitive Defizite in den Übergangsbereichen zwischen altersassoziierten kognitiven Einbußen und den kognitiven Störungen bei Demenzen. Die Symptomatik ist allerdings nicht so ausgeprägt wie bei den Demenzen und führt zumeist nicht zu erheblichen Einschränkungen der alltagspraktischen Fertigkeiten.
Eine 52-jährige Patientin stellt sich erstmalig in Ihrer Sprechstunde vor. Sie klagt über kürzlich aufgetretene Gedächtnisstörungen, und im Rapport werden Wortfindungsstörungen deutlich. Die Patientin berichtet, dass diese Symptome in der letzten Zeit nicht vorangeschritten sind. Im klinisch neurologischen Befund findet sich eine latente Hemiparese rechts sowie positive Pyramidenbahnzeichen auf derselben Seite. Ein MRT des Kopfes bleibt unauffällig.
-
Nein, die festgestellten fokalen neurologischen Zeichen und der wahrscheinlich plötzliche Beginn lassen an der Diagnose zweifeln.
-
Hier wäre eher an eine vaskuläre Demenz zu denken.
Der neurologische Befund ist im Frühstadium einer Alzheimer Demenz normal. Einzig eine Hyposmie kann auftreten. Fokale neurologische Zeichen wie Gesichtsfeldeinschränkungen oder eine Hemiparese und Pyramidenbahnzeichen weisen eher auf eine vaskuläre Genese hin. Auch kann die initiale Bildgebung bei frühen Stadien einer Alzheimer Demenz unauffällig sein.
Es gibt Hinweise auf eine protektive Wirksamkeit von nichtsteroidalen Antiphlogistika,
-
Vermutet werden auch protektive Effekte von Antioxidantien wie Vitamin C und E.
-
Außerdem hat regelmäßige geistige und körperliche Aktivität einen risikoreduzierenden Effekt.
-
Der präventive Effekt von Statinen wird diskutiert.
In mehr als einem Dutzend epidemiologischen Studien konnte ein Zusammenhang zwischen der längerfristigen Einnahme von nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID) und der Prävalenz einer Alzheimer Demenz gezeigt werden. Regelmäßige geistige und körperliche Aktivität reduzieren das Risiko für eine Alzheimer Demenz nach neueren Studien um ca. 30 %.Hlinsichtlich der Antioxidantien finden sich die konsistentesten Ergebnisse für Vitamin E. Hier ist allerdings anzumerken, dass bei den Studienteilnehmern mit höherer Vitaminzufuhr im Vergleich zu den Teilnehmern mit geringerer Vitaminzufuhr auch eine qualitative Abweichung der Nahrungszusammensetzung bestand.
-
BB,
-
Dlff-BB,
-
BSG,
-
Glucose,
-
Cholesterin,
-
Na,
-
K,
-
Ca,
-
γ-gt,
-
Kreatinin,
-
TSH,
-
Vitamin B12,
-
Folsäure.
Die genannten Laboruntersuchungen gehören zum obligaten Standard bei Demenzverdacht und können erste diagnostische Hinweise auf die o. g. Erkrankungen geben. Studien zu ihrer diagnostischen Evidenz sind spärlich. Bei gezieltem Verdacht durch Anamnese und somatischen Befund müssen fakultativ weitere Untersuchungen durchgeführt werden.
-
Schilddrüsenerkrankungen mit Über- wie Unterfunktion,
-
funikuläre Myelose,
-
zerebrale Raumforderungen,
-
Normaldruckhydrozephalus,
-
vaskuläre Hirnerkrankungen,
-
AIDS-Enzephalopathie.
Zu den wichtigsten Erkrankungen, die sekundäre Demenzen verursachen können, gehören:
-
Hypo-, Hyperthyreose,
-
Hypo-, Hyperparathyreodismus,
-
funikuläre Myelose,
-
zerebrale Raumforderungen,
-
Normaldruckhydrozephalus,
-
vaskuläre Hirnerkrankungen,
-
progressive Paralyse,
-
AIDS-Enzephalopathie,
-
Morbus Wilson,
-
Hyperhomozysteinämie,
-
Creutzfeldt-Jakob-Disease.
Eine Erhöhung insbesondere des Phospho-Tau-Proteins.
In einzelnen Fällen ist das ß-Amyloid erniedrigt; dabei scheint insbesondere die Konzentration des Amyloid-Peptids Aß42 bedeutsam zu sein.
Die Tau-Protein Konzentration findet sich bereits oft im Stadium der beginnenden leichten Demenz erhöht. In vielen Fällen konnte eine solche Erhöhung bereits bei Patienten mit leichtgradigen kognitiven Beeinträchtigungen festgestellt werden. Die Befunde hinsichtlich einer verminderten Konzentration von ß-Amyloid im Liquor sind noch inkonsistent. Es finden sich aber Hinweise auf eine selektive Erniedrigung des ß-Amyloidpeptids Aß42. Dabei erscheint der Quotient Aß42/Aß40 differenzialdiagnostisch der alleinigen Bestimmung von Aß42 überlegen zu sein.
Nein, das Tau-Protein ist auch bei anderen neurodegenerativen Erkrankungen wie z. B. der amyotrophen Lateralsklerose oder der Pick-Erkrankung erhöht.
Zahlreiche Untersuchungen unterschiedlicher wissenschaftlicher Arbeitsgruppen haben ergeben, dass die Konzentration des Tau-Proteins im Liquor von Alzheimer-Patienten im Vergleich zu gleichaltrigen kognitiv gesunden Personen deutlich erhöht ist. Dieser Befund ist aber keinesfalls spezifisch für die Alzheimer Demenz, sondern findet sich auch bei anderen neurodegenerativen Erkrankungen wie der amyotrophen Lateralsklerose, Morbus Pick und der Dementia pugilistica. Er kann als allgemeiner Marker für die Dynamik der neuronalen und insbesondere axonalen Degeneration angesehen werden. Die Verminderung der ß-Amyloid-Konzentration findet sich auch bei Patienten mit der Creutzfeld-Jakob-Erkrankung.
Das Tau-Protein, und zwar die hyperphosphorylierte Form dieses Proteins, ist ein wichtiger Bestandteil der sog. neurofibrillären „tangles“
-
Sie führen zu Veränderungen des Zytoskeletts der Neurone und sind somit Ursache für die neurofibrilläre Degeneration, welche neben den Amyloidplaques einen histopathologischer Marker der Alzheimer-Demenz darstellt.
Bei den „neurofibrillary tangles“ handelt es sich um intrazelluläre helikale Filamente, deren Hauptbestandteile neben Neurofilamenten verschiedene Mirkrotubuli-assoziierte Proteine (MAP), einschließlich der hyperphosphorylierten Form des Tau-Proteins, sind. Die Ausbreitung dieser paarigen, ineinander verschraubten Filamente führt zu einer neuronalen Degeneration und zum Absterben der Neurone. Das sonst lösliche Tau ist in diesen paarigen Filamenten hyperphosphoryliert und neigt vermehrt zur Aggregation.