Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2017; 52(03): 204-213
DOI: 10.1055/s-0042-105989
Topthema
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Geburtshilfe: Anästhesie bei fetaler Chirurgie

Emmanuel Schneck
,
Christian Koch
,
Christoph Arens
,
Rainer Schürg
,
Thomas Zajonz
,
Anastasiia Khaleeva
,
Thomas Kohl
,
Markus A. Weigand
,
Michael Sander
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
16. März 2017 (online)

Preview

Zusammenfassung

Die Fetalchirurgie stellt für den Anästhesisten eine herausfordernde operative Disziplin dar, da sowohl die schwangerschaftsbedingten Veränderungen der Mutter, die Physiologie des Feten sowie die komplexen chirurgischen Bedürfnisse beachtet werden müssen. Unter anderem sind neben der Erhaltung eines stabilen Perfusionsdruckes zugunsteneiner adäquaten plazentaren Versorgung des Feten, eine ausgeglichene Oxygenierung und Ventilation, ein konsequentes Temperaturregime sowie die Diagnostik und Therapie eines potentiellen mütterlichen Lungenödems Hauptaugenmerk des anästhesiologischen Managements in der Fetalchirurgie. Der Artikel erläutert die Grundlagen der Fetalchirurgie, anästhesierelevante hämodynamische und respiratorische Veränderungen während der Schwangerschaft sowie das anästhesiologische Procedere.

Die Fetalchirurgie ist eine junge Disziplin der Medizin, die in den letzten 35 Jahren insbesondere auch in Deutschland weiterentwickelt wurde. Die Komplexität der Eingriffe, die physiologischen hämodynamischen und respiratorischen Veränderungen während der Schwangerschaft sowie das ungeborene Kind stellen das anästhesiologische Management vor eine herausfordernde Aufgabe.

Abstract

Due to the responsibility for the mother and the unborn child, fetal surgery represents a challenging task for the anesthesiologist. Maternal changes during pregnancy have to be considered as well as the fetal physiology and the surgeonʼs needs. Main principles of the anesthesiological management of fetal surgery include the stabilization of the mean arterial pressure in order to preserve a sufficient placental blood flow, sustainment of an adequate oxygenation and ventilation as well as thorough temperature surveillance. Since the mothers are at risk for perioperative pulmonary edema, extended hemodynamic monitoring might be necessary. This article presents the principles of fetal surgery, informs about pregnancy-related changes in circulatory and respiratory physiology and contains anesthesiological considerations to this topic.

Kernaussagen
  • Die Fetalchirurgie weist eine Vielzahl an Indikationen auf, die ein breites Spektrum an anästhesiologischen Verfahren benötigen.

  • Das Lungenödem stellt ein seltenes, aber potenziell gefährliches Ereignis in der Fetalchirurgie dar. Gründe hierfür sind u. a. ein erniedrigter onkotischer Druck infolge einer relativen Hypoalbuminämie, eine potenzielle perioperative Hypervolämie sowie die Erhöhung der Membranpermeabilität durch tokolytische Medikamente.

  • Die Wahl des Monitorings hängt von der Länge und Invasivität des Eingriffs ab. Aufgrund des Risikos für ein Lungenödem kann bei maternofetaler Allgemeinanästhesie ein erweitertes hämodynamisches Monitoring inkl. Messung des EVLWs notwendig sein.

  • Fetale Bradykardien sind immer ein ernst zu nehmender Zustand, müssen daher engmaschig überwacht werden und sollten zu einer zügigen Ursachenbekämpfung führen.

  • Ein restriktives Volumenregime, das Aufrechterhalten eines adäquaten Perfusionsdrucks zur Sicherung der plazentaren Versorgung des Feten sowie eine ausgeglichene Oxygenierung und Ventilation stellen Grundprinzipien des anästhesiologischen Managements in der Fetalchirurgie dar.