OP-Journal 2016; 32(02): 80-88
DOI: 10.1055/s-0042-107036
Artikel zum Leitthema
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Implantatentfernung – eine Risiko-Nutzen-Abwägung?

Implant Removal – a Risk-Benefit Analysis?
Markus Scharf
,
Bernd Krieg
,
Michael Dengler
,
Bernd Füchtmeier
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
14. Oktober 2016 (online)

Zusammenfassung

Die Materialentfernung stellt einen häufigen Eingriff im unfallchirurgisch-orthopädischen Bereich dar. Eine Infektion oder ein notwendiger Wechsel des Osteosyntheseverfahrens, z. B. zur Behandlung einer Pseudarthrose, sind absolute Indikationen. Viele elektive Implantatentfernungen stellen hingegen relative OP-Indikationen dar. Für solche Eingriffe ist eine sorgfältige Risiko-Nutzen-Abwägung zu empfehlen. Hierbei sollten die Zugangsmorbidität und die Komplikationsmöglichkeiten/-wahrscheinlichkeiten wie Nervenverletzungen und Refrakturrate in Relation zu Problemen gesetzt werden, die entstehen können, wenn langfristig Implantate belassen werden. Zu nennen sind hier Implantatrandfrakturen, lokale Osteopenie, Korrosion [1], Allergenisierung [2] und eine mögliche Kanzerogenität [3]. Aufgrund der Komplikationsmöglichkeiten wird von manchen Autoren eine Materialentfernung grundsätzlich nur beim symptomatischen Patienten empfohlen [4], [5]. Dies ist aber ebenso ein Extremstandpunkt wie das Bestreben, grundsätzlich nahezu alle Osteosynthesematerialien wieder zu entfernen. Die technische Durchführung der Implantatentfernung kann nicht zuletzt aufgrund der veränderten Anatomie schwieriger sein als die initiale Operation zur Osteosynthese [6]. Eine gute Vorbereitung des Operateurs (Lektüre des OP-Berichts, Analyse der präoperativen Bildgebung) ist deswegen unerlässlich. Ferner sollten bereits präoperativ mögliche intraoperative Probleme bedacht werden und geeignetes erweitertes Instrumentarium vorhanden sein. Von einer Implantatentfernung an komplikationsträchtigen Materiallokalisationen bei beschwerdearmen Patienten ist abzuraten [7]. In diesen Fällen überwiegen in der individuellen Risiko-Nutzen-Abwägung die negativen Aspekte. Die sachliche Thematisierung im Arzt-Patienten-Gespräch erleichtert in diesen Fällen die Patientenführung.

Abstract

Removal of internal fixation devices is a frequent operation in trauma and orthopaedic surgery. Premature removal for deep infection or changing the internal fixation device because of non-union are absolute indications for surgery. In contrast, elective hardware removal procedures are often performed without any urgent need. In these cases, a risk-benefit analysis is recommended. If surgery is planned, approach morbidity and complications like neurovascular damage and the risk of refracture have to be discussed. If the internal fixation device is retained, implant-edge fracture, local osteopenia, corrosion [1], allergic response [2] and the risk of malignancy [3] have to be taken into account. Due to complications, some authors recommend elective implant removal for symptomatic patients only [4], [5]. Surgical technique in implant removal can be more demanding than in open reduction and internal fixation because of altered anatomy [6]. The surgeon must prepare himself well by studying the operative report of the previous surgery and the preoperative X-ray. To avoid problems, potential pitfalls should be anticipated. All necessary instruments have to be available, including special extraction tools and hollow reamers. When the implant is almost asymptomatic but located in a high risk area, surgery should be avoided [7]. In these cases, the negative aspects prevail in the risk-benefit analysis.