PPH 2016; 22(03): 169
DOI: 10.1055/s-0042-107219
Rund um die Psychiatrie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Für Sie gelesen: Macizo P, Morales L. Cognitive processing of currency: Euros and dollars.

Contributor(s):
Jörg Kußmaul
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Publication Date:
20 May 2016 (online)

Hintergrund: Durch das international häufig angewendete Dual-Route-Cascaded-Modell (DRC-Model) lässt sich die kognitive Annahme von Wörtern und Zahlen durch zwei verschiedene Routen erklären: Die lexikalische Route wird für bereits bekannte Begriffe, die nichtlexikalische Route für unbekannte Wörter benutzt. Dies erfordert jedoch das zeitintensivere buchstabengetreue Lesen. Bildliche Darstellungen benötigen ebenfalls zusätzliche kognitive Verarbeitungszeit.

Eine Währung besteht üblicherweise aus Münzen und Banknoten und ist mit Symbolen, Zahlen und Wörtern bedruckt. Die Geldscheine entsprechen einem höheren Wert als Geldstücke, wobei die Werthaltigkeit zwischen den Währungen unterschiedlich ist, zum Beispiel entsprechen 100 Euro 108 US-Dollar. Die Fragestellung dieser Studie lautet: Wird die Zeitdauer für die kognitive Verarbeitung des Banknotenwerts durch einen bereits vertrauten Währungsumgang beeinflusst oder nicht?

Methode: Am ersten Experiment nahmen 60 in Spanien geborene Studenten der University of Granada teil. Die Probanden hatten Erfahrung im Umgang mit Euro aber nicht mit US-Dollar. Die Teilnehmer konnten die korrekte Reihenfolge der Werthaltigkeit der Euro-Banknoten bestimmen, obwohl diese mit anderen Symbolen oder Piktogrammen gemischt waren. Dies war mit US-Dollar-Geldscheinen nicht möglich.

Am zweiten Experiment nahmen 14 in den USA geborene Studenten der Pennsylvania State University teil. Den täglichen Umgang mit US-Dollar waren die Probanden gewohnt, jedoch bestanden keine Erfahrungswerte mit dem Euro. In diesem Fall war es für die Teilnehmer nur möglich, die korrekte Reihenfolge der Werthaltigkeit der US- aber nicht der Euro-Banknoten zu bestimmen.

Ergebnis: Das Ergebnis zeigt auf, dass trotz visueller Gestaltung von Banknoten die Wertigkeit nur bei bereits bekannten Währungen korrekt und schnell eingeschätzt werden kann. Dies wird mit der direkten lexikalischen Route für visuelle Reize erklärt. Wenn den Probanden die Banknote bereits in Farbe, Größe und Bild bekannt war, erfolgte die kognitive Aufnahme ohne eine zeitintensive semantische Verarbeitung.

Fazit: Die Werteinschätzung von Banknoten erfolgt durch die Erfahrung im Umgang mit dem Geld und nicht durch die visuelle Gestaltung.

Jörg Kußmaul