Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76(08): 861-864
DOI: 10.1055/s-0042-111670
Geschichte der Gynäkologie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Medizinhistorische Therapievorstellungen. Historische Entwicklungen in den Ursachentheorien zur Hyperemesis gravidarum – eine Literaturübersicht für die Jahre 1870–1970

K. Mattig
1   Klinikum Frankfurt (Oder) GmbH, Klinik für Traumatologie, Orthopädie und Handchirurgie, Frankfurt (Oder)
,
A. D. Ebert
2   Praxis für Frauengesundheit, Gynäkologie und Geburtshilfe, Berlin
,
H. Kentenich
3   Fertiltiy Center Berlin, Berlin
,
M. David
4   Charité – Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Gynäkologie, Campus Virchow-Klinikum, Berlin
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Publication Date:
25 August 2016 (online)

Einleitung

Wahrscheinlich handelt es sich bei der Hyperemesis gravidarum um ein multifaktoriell bedingtes Krankheitsbild, bei dem psycho-soziale Faktoren eine wichtige Rolle spielen [1], [2], [3]. Ätiologievorstellungen und daraus resultierende Therapiekonzepte sind stets zeitabhängig. Das Krankheitsbild Hyperemesis gravidarum fand in der älteren medizinischen Fachliteratur kaum Erwähnung; erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts lässt sich ein zunehmendes Interesse an dieser Fragestellung nachweisen [4]. „Man müsste annehmen, dass auch das übermäßige oder unstillbare Erbrechen, die Hyperemesis gravidarum, schon von alters her bekannt gewesen sei. Umso erstaunter ist man …, dass bis zur Mitte des vorigen [19.] Jahrhunderts die erfahrendsten … Geburtshelfer ein unstillbares Erbrechen nicht gekannt zu haben scheinen. … Die Erklärung … kann mit geschichtlicher und medizinischer Logik nur so gegeben werden, dass es sich um einen allmählich erworbenen Zustand handelt, ein in der Hauptsache nervöses, mit der fortschreitenden Kultur sich ausbreitendes, ihren Schäden anhaftendes Leiden, das in andere Nervenkrankheiten, die früher unbekannt waren, sein Analogon findet …“ [5].