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DOI: 10.1055/s-0042-116231
Wenn Zufall über den Zugang zur Gesundheitsversorgung bestimmt: Geflüchtete in Deutschland
When Chance Decides About Access to Health Care: The Case of Refugees in GermanyPublication History
Publication Date:
18 October 2016 (online)
Zusammenfassung
Gesundheit und der Zugang zur Gesundheitsversorgung werden als Menschenrecht gesehen. „Reguläre“ Einwanderer wie beispielsweise ArbeitsmigrantInnen haben in Deutschland den gleichen Anspruch auf Gesundheitsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung wie die Mehrheitsbevölkerung. Für Asylsuchende und Geflüchtete allerdings wird der Anspruch auf gesundheitliche Leistungen durch Paragraf 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) für die ersten 15 Monate auf die Versorgung akuter Schmerzzustände, Schwangerschaft und Geburt sowie Impfungen eingeschränkt. Weitere notwendige Leistungen können nach Paragraf 6 AsylbLG im Einzelfall gewährt werden. Die Leistungsgewährung erfolgt durch die Kommunen, welche den Zugang zur gesundheitlichen Versorgung jeweils vor Ort regeln. Dies wird zusätzlich verkompliziert durch unterschiedliche Regelungen zwischen den Bundesländern und durch den jeweils unterschiedlichen Kenntnisstand der behandelnden ÄrztInnen hinsichtlich der Leistungsgewährung im Einzelfall. Somit hängen Anspruch auf und Zugang zur gesundheitlichen Versorgung Asylsuchender und Geflüchteter in 3-facher Hinsicht vom Zufall ab: bei der Zuweisung zum Bundesland, bei der Zuweisung zur Kommune sowie vom Engagement und der juristischen Sachkenntnis der behandelnden ÄrztInnen. Einschränkungen beim Anspruch auf Gesundheitsversorgung führen aber nachweislich zu höheren Kosten. Zumindest in Einzelfällen führen sie sogar zu verzögerter Behandlung möglicherweise lebensbedrohlicher Erkrankungen. Zudem ist sie nachteilig für die gesellschaftliche Integration der Asylsuchenden. Daher müssen die Einschränkungen des Anspruchs nach Paragraf 4 und 6 AsylbLG umgehend aufgehoben werden. Asylsuchende sollten bundeseinheitlich den gleichen Anspruch auf Gesundheitsversorgung erhalten wie die Mehrheitsbevölkerung.
Abstract
Health and access to health care are considered a human right. “Regular” immigrants such as work migrants in Germany have the same entitlement to health care coverage through the statutory health insurance as the majority population. This, however, is not the case for refugees and asylum seekers. According to paragraphs 4 and 6 of the Asylum Seekers’ Benefit Act, their entitlement is restricted to care for acute pain, pregnancy and childbirth, as well as immunizations in the first 15 months. Additional care can be financed on a case-by-case basis. Care provision is regulated in different ways by the communities; it is further complicated by different regulations at the federal state levels and by differences in knowledge of the physicians on how entitlement restrictions can be circumvented on a case-by-case basis. Thus, entitlement and access to care of asylum seekers and refugees is driven by chance in 3 respects: when they are assigned to a federal state, when they are assigned to a community, and when they are treated by a doctor with more or less knowledge of the legal regulations. Restrictions on entitlement to health care are associated with higher health care expenditure. They may also lead to delayed treatment of life-threatening conditions. Furthermore, they may negatively affect social integration of asylum seekers. Therefore, the restrictions of entitlement in paragraphs 4 and 6 of the Asylum Seekers’ Benefit Act need to be lifted immediately. Asylum seekers should be granted the same entitlements to health care as the majority population in the whole of Germany.
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