Z Geburtshilfe Neonatol 2016; 220(05): 192
DOI: 10.1055/s-0042-117076
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Geburtshilfe
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Metabolisches Syndrom – Prähypertensive Blutdruckwerte begünstigen metabolisches Syndrom

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Publikationsdatum:
20. Oktober 2016 (online)

Hintergrund: Als Schwangerschaftshypertonie gilt im Allgemeinen ein systolischer Blutdruckwert ≥ 140 mmHg und / oder ein diastolischer Werte ≥ 90 mmHg. Es gibt aber zunehmend Hinweise darauf, dass bereits prähypertensive Werte (120–139 / 80–89 mmHg) mit einem erhöhten Risiko für spätere kardiovaskuläre Erkrankungen verbunden sein könnten. Chinesische Mediziner haben diese Assoziation in einer großen Kohorte untersucht.

Methoden: Qiong Lei und Kollegen schlossen zunächst zwischen Oktober 2010 und September 2012 mehr als 500 nach obiger Definition normotensive Schwangere in eine prospektive Observationsstudie ein. Nach der Ausgangsuntersuchung zwischen der 11. und 13. Schwangerschaftswoche (SSW) wurde der Blutdruck während der Schwangerschaft noch 6-mal gemessen: in SSW 21–24, 25–28, 29–32, 33–36, 37–38 und 40. Anhand des Verlaufs der diastolischen Werte teilten die Wissenschaftler die Frauen dann in 3 Gruppen ein:

  • 62,5 mmHg bei der Erstmessung und 65,0 mmHg zum Geburtstermin, mit einem J-förmigen Kurvenverlauf und insgesamt niedrigen Werten (32,4 %),

  • 71,0 mmHg bei der Erstuntersuchung und 69,8 mmHg zum Termin, mit einem U-förmigen Kurvenverlauf (52,5 %) und

  • 76,2 mmHg bei der Erstuntersuchung und 81,8 mmHg zum Termin, mit einem J-förmigen Kurvenverlauf und insgesamt höheren Werten, ab Woche 37 im prähypertensiven Bereich (13,2 %).

Ergebnisse: Aus dieser Gesamtkohorte konnten im Durchschnitt 1½ Jahre nach der Geburt 309 Frauen nachuntersucht werden. Dabei fand sich für die Frauen der Gruppe 3 ein mehr als 6-mal so hohes Risiko für den Nachweis eines metabolischen Syndroms gegenüber Frauen der Gruppe 1 als Referenz (Odds Ratio 6,55 nach Adjustierung im Hinblick auf Body-Mass-Index, Konzentration der freien Fettsäuren und Geburtsgewicht des Kindes). Dagegen fanden sich keine Assoziationen des metabolischen Syndroms mit dem systolischen Blutdruck oder dem arteriellen Mitteldruck.

Schließlich konstruierten Lei et al. ein Modell, das die Wahrscheinlichkeit eines metabolischen Syndroms nach der Schwangerschaft abschätzen konnte. Für eine gute Aussagekraft (C-Statistik der Fläche unter der Receiver-Operator-Characteristic-Kurve 0,76) waren lediglich 3 Prädiktoren erforderlich:

  • Nüchternglucosekonzentration zum Termin (> 90 mm / dl),

  • Triglyceridkonzentration zum Termin (> 278 mg / dl) und

  • Verlauf des diastolischen Blutdrucks während der Schwangerschaft (Einordnung in Gruppe 3).

Fazit

Nach diesen Daten sind schon prähypertensive diastolische Blutdruckwerte während der Schwangerschaft ein unabhängiger Risikofaktor für ein späteres metabolisches Syndrom, so die Autoren. Im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen wird ohnehin regelmäßig der Blutdruck der Schwangeren gemessen. Daher könnten diese Werte genutzt werden, um relativ einfach Risikopatientinnen für spätere metabolische Komplikationen – die letztlich einen Surrogatparameter für das Herz-Kreislauf-Risiko darstellen – zu identifizieren. Bei ihnen könnten dann eine intensivere Überwachung und ggf. frühzeitige Interventionen erfolgen.

Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim