Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2016; 51(11/12): 670-675
DOI: 10.1055/s-0042-117975
Fachwissen
Notfallmedizin
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Kasuistik: Frühgeburt im Rettungsdienst - Versorgung eines extremen Frühgeborenen nach häuslicher Sturzgeburt

Preclinical birth of an extremely premature infant - a case report
Tobias Pöhlmann
1   Klinik für Anästhesie und Operative Intensivmedizin, Klinikum Bayreuth
,
Armin Schmidt
2   Bayerisches Rotes Kreuz, Kreisverband Bayreuth
,
Wolfgang Pohl
3   Klinik für Kinder und Jugendliche, Klinikum Bayreuth
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
24. November 2016 (online)

Zusammenfassung

Geburtshilfliche Notfälle im Rettungsdienst sind selten. Eine extreme Frühgeburt im präklinischen Kontext stellt eine ausgesprochene Rarität dar. Im folgenden Fallbericht wurden die beteiligten Rettungskräfte unerwartet mit einer häuslichen Sturzgeburt in der 23. SSW konfrontiert. Die außerordentliche Unreife des Neugeborenen an der Grenze der Lebensfähigkeit stellte besondere Anforderungen an Versorgung, Ausstattung, Infrastruktur, Kompetenz und Ethik. Eine ähnliche Fallbeschreibung liegt unserer Kenntnis nach bisher nicht vor.

Abstract

Obstetrical emergencies requiring emergency medical service are very rare. An extremely premature birth in a preclinical setting is certainly exceptional. In the following case report, the emergency medical team was unexpectedly faced with the home birth of a fetus at the 23rd week of gestation. Prematurity at the edge of viability poses a challenge to first care, equipment, infrastructure, expertise and clinical ethics. To the authors’ knowledge, there is no comparable case report published so far.

Kernaussagen

  • Wärmeerhalt hat hohe Priorität, kann bei Neugeborenen präklinisch aber mitunter schwer möglich sein.

  • Nach einer Frühgeburt gibt es 2 Patienten: Auch die Mutter muss untersucht und betreut werden. Es können lebensbedrohliche postpartale Blutungen auftreten.

  • Bei Frühgeborenen kann die fehlende Lungenreife problematisch sein (< 28. Schwangerschaftswoche).

  • Bei extremen Frühgeborenen kommt das notfallmedizinisch mitgeführte Equipment an seine Grenzen.

  • Einsatzplanung und Kommunikation zwischen Rettungsdienstpersonal, Leitstelle, Krankenhaus und Betroffenen spielen eine große Rolle.

  • Die Intubation von Frühgeborenen kann selbst mit großer Erfahrung äußerst schwierig sein und sollte aufgrund der hohen Verletzungsgefahr nicht erzwungen werden, wenn eine suffiziente Ventilation anderweitig sichergestellt werden kann.

  • Die Prognose von außerklinisch geborenen Frühgeborenen ist sehr schlecht.

  • Die Entscheidung für oder gegen eine weitere Therapie kann bei limitierter Informationslage am Einsatzort nur eingeschränkt getroffen werden.