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DOI: 10.1055/s-0042-119693
Referat – Kognitive Störungen, Verhaltensstörungen, Depression und Todeswunsch in einer Kohorte von ALS-Patienten
Publication History
Publication Date:
12 December 2016 (online)
Methode: Die Basisdaten von 355 Patienten mit Amyotropher Lateralsklerose (ALS) der COSMOS-Studie (multizentrische Kohortenstudie für oxydativen Stress) wurden analysiert. In die Kohorte wurden nach den El-Escorial-Kriterien neu diagnostizierte Patienten mit definitiver oder wahrscheinlicher ALS eingeschlossen. In die Auswertung gingen 7 standardisierte Testungen zu psychiatrischen Symptomen, zur psychosozialen Situation, sowie Testungen zur Krankheitsausprägung ein. Eine Frage zu aktivem oder passivem Todeswunsch aus dem Gesundheitsfragebogen für Patienten „Patient Health Questionnaire“ wurde unabhängig analysiert.
Ergebnisse: Von den eingeschlossenen Patienten zeigte ca. ein Drittel (32 %) weder kognitive Störungen noch Verhaltensstörungen. 40 % der Patienten hatten eine kognitive Beeinträchtigung, 9 % Verhaltensstörungen und 18 % sowohl kognitive Störungen als auch Verhaltensstörungen. Damit zeigten insgesamt ca. 60 % der Patienten kognitive Störungen oder Verhaltensstörungen. Die kognitiven Störungen wurden in 90 % der Fälle als leichtgradig und in 10 % als schwer klassifiziert. Nach DSM-IV Kriterien wurde bei 12 % der Patienten eine schwere depressive Störung festgestellt, wobei kognitive Störungen keinen Zusammenhang mit den in psychiatrischen / psychosozialen Skalen erhobenen Werten aufwiesen. Im Gegensatz dazu berichteten Patienten mit Verhaltensstörungen über deutlich ausgeprägte depressive Symptome, größere Hoffnungslosigkeit, mehr negative Gedanken und häufigeres negatives Feedback vom Ehepartner oder Betreuer. Aktiver oder passiver Todeswunsch war weder mit kognitiven Störungen noch mit Verhaltensstörungen assoziiert.
Zusammengefasst sehen die Autoren der Arbeit keine Übereinstimmung zwischen kognitiven Störungen und Depression und finden, dass Verhaltensstörungen stark mit depressiven Symptomen zusammenhängen, obwohl dies nach Erfahrung der Autoren im klinischen Alltag selten von Ärzten thematisiert wird. Die Autoren sind der Auffassung, dass die fehlende Verknüpfung von Todeswünschen mit kognitiven Störungen oder Verhaltensstörungen Beachtung bei der Debatte über ärztlich assistierten Suizid finden sollte.