Der Klinikarzt 2016; 45(11): 546-551
DOI: 10.1055/s-0042-120115
Schwerpunkt
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Adipositas assoziierte Hypoventilation und Obstruktive Schlafapnoe

Eine differenzierte Betrachtung Adipositas assoziierter AtmungsstörungenHypoventilation and obstructive sleep apnea associated with obesity – A differentiated view of obesity associated respiratory disorders
Simon Herkenrath
1   Krankenhaus Bethanien gGmbH, Klinik für Pneumologie und Allergologie, Zentrum für Schlaf- und Beatmungsmedizin, Solingen
,
Winfried J Randerath
1   Krankenhaus Bethanien gGmbH, Klinik für Pneumologie und Allergologie, Zentrum für Schlaf- und Beatmungsmedizin, Solingen
› Institutsangaben
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
29. November 2016 (online)

Preview

Die Adipositas stellt eines der größten chronischen Gesundheitsprobleme der Welt dar. 400 000 Todesfälle pro Jahr und etwa 7 % der Gesundheitskosten sind bei weiterhin steigender Tendenz allein in den USA auf die Adipositas zurückzuführen. Menschen mit einem Body Mass Index (BMI) über 30 kg/m² machen inzwischen 27 % der US-Gesamtbevölkerung aus. Auch in Deutschland nimmt die Anzahl der Menschen mit Adipositas stetig zu.

Neben multiplen Folgeerkrankungen wie dem Typ-2-Diabetes, dem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse, einer zunehmenden Immobilität mit sozialer Isolation, beeinflusst die Adipositas auch die respiratorische Funktion auf verschiedene Art und Weise. Bei zunehmender Adipositas kommt es zur Ausbildung einer restriktiven Ventilationsstörung mit reduzierter Compliance, reduzierten Lungenvolumina, erhöhten Atemwegswiderständen und einem Missverhältnis von Ventilation und Perfusion. In der Folge besteht bei Betroffenen die Notwendigkeit einer gesteigerten Atmungsarbeit, um einen normalen Kohlendioxidpartialdruck aufrechterhalten zu können. Bei denjenigen, die dieses Maß an Mehrarbeit nicht leisten können, kommt es zur Verschiebung der Schwellenwerte der Chemorezeptoren mit Ausbildung eines chronisch hyperkapnischen Atmungsversagens. Wenn andere Erkrankungen, die zu einer alveolären Hypoventilation führen können, ausgeschlossen wurden, sprechen wir von einem Obesitas-Hypoventilationssyndrom. Durch Fetteinlagerung in die Halsweichteile und Kranialisierung des gesamten „pulmo-broncho-trachealen“ Systems durch viszerales Fettgewebe kommt es außerdem zur Einengung der oberen Atemwege mit begünstigtem Auftreten obstruktiver schlafbezogener Atmungsstörungen (OSA). Beides führt zu einer gesteigerten Morbidität und Mortalität. Nicht selten führt die unspezifische Symptomatik zu einer verzögerten Diagnosestellung und hierüber zu einer Verschlechterung der Prognose. In Form der Positiv-Drucktherapie (CPAP) und der nicht invasiven Ventilationstherapie (NIV) stehen uns suffiziente Therapiemaßnahmen in der Behandlung des OHS und der obstruktiven Schlafapnoe zur Seite.

Obesity is one of the greatest chronic health problems worldwide. 400,000 deaths per year and about 7 % of all health costs alone in the USA can be attributed to obesity and the tendency continues to rise. People with a body mass index (BMI) of 30 kg/m² in the meantime constitute 27 % of the entire population of the USA. The number of obese people is steadily increasing in Germany as well.

Apart from multiple subsequent diseases such as type II diabetes, an increased risk for cardiovascular events, an increasing lack of mobility with accompanying social isolation, obesity also influences respiratory function in a number of different ways. With increasing obesity, a restrictive ventilation disorder with reduced compliance, reduced lung volume, increased airway resistance and an imbalance between ventilation and perfusion can develop. As a result, the patient needs to exert an increased breathing effort in order to be able to maintain a normal carbon dioxide partial pressure. For those who are unable to exert this amount of extra effort the threshold values of the chemoreceptors are shifted with the development of chronic hypercapnic respiratory insufficiency. When other diseases that can lead to alveolar hypoventilation are excluded, we can speak of an obesity-hypoventilation syndrome (OHS). In addition, fat deposits in the soft issues of the neck and cranialization of the entire pulmo-broncho-tracheal system due to visceral adipose tissue cause a narrowing of the upper airways which facilitates the occurrence of obstructive sleep-related breathing disorders (obstructive sleep apnea, OSA). Both result in increased morbidity and mortality. The unspecific symptoms often lead to a delayed diagnosis and thus to a poorer prognosis. With positive pressure therapy (continuous positive airway pressure, CPAP) and non-invasive ventilation (NIV) we already have adequate therapeutic measures for the treatment of OHS and obstructive sleep apnea.