Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2017; 52(04): 274-286
DOI: 10.1055/s-0042-122109
Topthema
CME-Fortbildung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Antibiotic Stewardship im Alltag – „Fragen Sie Ihren Arzt und Apotheker!“

Antimicrobial Stewardship in Daily Life – “Ask Your Doctor and Your Pharmacist”
Anette Friedrichs
,
Bibiane Steinborn
,
Swantje Eisend
Further Information

Publication History

Publication Date:
03 May 2017 (online)

Zusammenfassung

Antibiotic Stewardship (ABS) lässt sich nicht alleine praktizieren. Ein gut etabliertes, interdisziplinäres ABS-Team mit Mandat und Deputat durch die Geschäftsführung kann den Anforderungen im Alltag und bei Ausnahmesituationen wie z. B. einem Ausbruch durch einen multiresistenten Erreger gerecht werden. Klinisch-infektiologische Kompetenz ist dabei für alle Teammitglieder grundlegend. Die Rollen des ABS-Teams bei einem Ausbruchsgeschehen wie dem hier beschriebenen durch einen 4MRGN A. baumannii sind vielfältig. Der rationale Einsatz von Reserveantibiotika und Dosisoptimierung von Antiinfektiva, z. B. durch therapeutisches Drug Monitoring (TDM), stehen dabei im Vordergrund. Durch restriktiven Einsatz von Antibiotika kann der antibiotische Selektionsdruck gesenkt und damit der Bildung weiterer Resistenzen entgegengewirkt werden. Der Einsatz von Reserveantibiotika im Rahmen eines Ausbruchsgeschehens führt zu erheblichen Kostensteigerungen bei gleichzeitig sinkenden Patientenzahlen. Interdisziplinarität zwischen der Hygiene, dem ABS-Team und den verschiedenen Kliniken sowie Unterstützung durch die Geschäftsführung sind wichtig für die Prävention und auch das Management von Ausbrüchen durch multiresistente Erreger.

Antibiotic Stewardship (ABS) lässt sich nicht alleine praktizieren. Nur bei interdisziplinärer Zusammenarbeit der verschiedenen Kliniken, der Apotheke, der Mikrobiologie und der Hygiene kann ABS den Anforderungen im Alltag und in Ausnahmesituationen gerecht werden. Dieser Artikel beschreibt die Aktivitäten eines interdisziplinären ABS-Teams am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, und diskutiert seine Rolle bei einem Keimausbruch.

Abstract

Antimicrobial Stewardship (AMS) cannot be practised as a one-man show. A well-established AMS-team with formal authority and dedicated time given by the hospital management can manage its tasks also in exceptional situations as for example an outbreak due to a multi-drug-resistant pathogen. Know-how of clinical infectious diseases is mandatory for all members of the AMS-team. The AMS-team plays various roles in an outbreak situation with the rational use of last-resort antibiotics and optimization of the dosage by therapeutic drug monitoring being most important. Restrictive usage of antibiotics can decrease the antibiotic selection pressure and counteract with the development of new bacterial resistances. Usage of last-resort antibiotics in an outbreak situation leads to an exceptional increase of therapeutic costs with fewer patients at the same time. Interdisciplinary work of infection control, the AMS-team, the different clinical departments and the hospital management are important for the prevention and the management of outbreak situations due to multi-drug-resistant pathogens.

Kernaussagen
  • Mandat und Deputat sind wichtig, um Antibiotic Stewardship (ABS) zu etablieren und im klinischen Alltag zu implementieren.

  • Sinnvolles – d. h. wirksames und kostenneutrales – ABS ist personalintensiv.

  • Die Schlüsselpositionen eines interdisziplinären ABS-Teams sind ein klinischer Infektiologe und ein klinischer Pharmazeut mit fundierter infektiologischer Erfahrung – beide mit entsprechendem Deputat.

  • Wenn das ABS-Team die tägliche ärztliche Visite begleitet, ist dies zeitaufwendiger und personalintensiver, aber auch wesentlich effektiver als eine Kurvenvisite.

  • Dem ABS-Team kommen bei einem Keimausbruch verschiedene Rollen zu: Zum einen ist es ein wichtiger Partner und Berater sowohl für die Stationsärzte als auch für die Mitarbeiter des Hygieneinstituts. Zum anderen begleitet das Team kritisch den Einsatz von Reserveantibiotika, um ihre Wirksamkeit zu erhalten.

  • Ein restriktiver Einsatz von Antibiotika senkt den antibiotischen Selektionsdruck und wirkt so weiteren Resistenzentwicklungen entgegen.

  • Therapeutisches Drug Monitoring (TDM) ermöglicht es, wirksame Antiinfektivaspiegel zu erreichen und aufrechtzuerhalten. Im intensivmedizinischen Bereich und in Ausnahmesituationen wie einem 4MRGN-Ausbruch sollte diese Methode zum Einsatz kommen.

  • Der Einsatz von Reserveantibiotika im Rahmen eines Ausbruchsgeschehens führt zu erheblichen Kostensteigerungen bei gleichzeitig sinkenden Patientenzahlen.

  • Interdisziplinarität zwischen dem ABS-Team, dem Institut für Hygiene und den verschiedenen Kliniken sind essenziell für die Prävention und das Management von Ausbrüchen durch multiresistente Erreger. Ebenso unerlässlich ist die Unterstützung der Geschäftsführung.