Z Gastroenterol 2017; 55(03): 310-312
DOI: 10.1055/s-0042-123865
Sonderforschungsbereiche und Forschergruppen in der Gastroenterologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

SFB/TRR 57 Aachen/Bonn: Organfibrose – von den Mechanismen der Schädigung zur Beeinflussung der Krankheit

Christian Trautwein
,
Frank Tacke
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
13. März 2017 (online)

Fibrose bezeichnet die pathologische Bindegewebsvermehrung („Vernarbung“), welche in der Leber als Folge chronischer Erkrankungen wie z. B. durch nicht alkoholische Steatohepatitis (NASH), Virushepatitis, Alkoholmissbrauch oder genetische Erkrankungen auftritt. In den vergangenen Jahren ist zunehmend klar geworden, dass die Leberfibrose als gestörte Wundheilungsreaktion die entscheidende Folge einer chronischen Entzündung darstellt. So wird beispielsweise die Prognose von Patienten mit NASH entscheidend dadurch beeinflusst, ob bereits eine (fortgeschrittene) Fibrose in der Leber vorliegt. Daher hat die Beeinflussung der Fibrose als wichtiges therapeutisches Ziel neuer innovativer Ansätze in der Hepatologie eine hohe Relevanz. Patienten mit Fibrose haben ein hohes Risiko zur Entwicklung einer Leberzirrhose und assoziierter Komplikationen wie portale Hypertension oder hepatozelluläres Karzinom. Auf der anderen Seite ist durch die Erfolge der antiviralen Therapie der Hepatitis B und C deutlich geworden, dass die Fibrose selbst im Stadium der kompensierten Leberzirrhose noch zu einem großen Teil reversibel ist ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Mechanismen der Leberfibrose. Durch Schädigungsreize (metabolische Erkrankungen, Alkohol, Virushepatitis, genetische Erkrankungen) kommt es zum Zelluntergang, welcher eine Entzündungsreaktion hervorruft. Das Zusammenspiel nicht parenchymaler Leberzellen (z. B. Kupffer-Zellen) und infiltrierender Immunzellen (z. B. Monozyten, Lymphozyten) bedingt eine chronische Entzündung. Infolgedessen werden hepatische Sternzellen aktiviert, welche extrazelluläre Matrix produzieren. Dieser Prozess der Fibrose kann bis zur Leberzirrhose mit portaler Hypertension und Organversagen fortschreiten. Allerdings ist auch eine Rückbildung der Fibrose möglich. Der SFB/TRR 57 der Unikliniken Aachen und Bonn untersucht allgemeine und spezifische Mechanismen der Organfibrose in Leber und Niere, um neue therapeutische Optionen zu entwickeln.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert zu diesem Thema seit 2009 den transregionale Sonderforschungsbereich (SFB/TRR) 57 „Organfibrose – von den Mechanismen der Schädigung zur Beeinflussung der Krankheit“ an den Universitätskliniken Aachen und Bonn (Sprecher: Prof. Christian Trautwein, Aachen; stellvertretender Sprecher: Prof. Christian Kurts, Bonn). Kürzlich wurde die 3.Förderperiode des SFB/TRR 57 (2017 – 2020) nach positiver Begutachtung bewilligt. In diesem Verbund arbeiten Kliniker/innen aus der Gastroenterologie, Hepatologie und Nephrologie eng mit Grundlagenwissenschaftler/innen aus der Zellbiologie, Immunologie und Biochemie zusammen, um Pathomechanismen der Organfibrose aufzuklären und neue Therapieansätze zu entwickeln.

Um eine besondere Interdisziplinarität zu erreichen, werden dabei parallel die Leber- und die Nierenfibrose untersucht, sodass organübergreifende und organspezifische Mechanismen entdeckt werden sollen und ein schneller Austausch zwischen Wissenschaftsdisziplinen gewährleistet wird. Insgesamt sind 17 Teilprojekte beteiligt (12 aus Aachen, 5 aus Bonn), welche in intensiver Zusammenarbeit an Leber- (11 Projekte) bzw. Nierenfibrose (6 Projekte) forschen ([Tab. 1]). Die Projekte sind dabei inhaltlich in drei Arbeitsbereiche („Säulen“) geordnet, in denen entweder die Initiation der Fibrose (Arbeitsgebiet 1), Immunmechanismen (Arbeitsgebiet 2) oder Modulation und Reparaturmechanismen (Arbeitsgebiet 3) vorrangig bearbeitet werden.

Tab. 1

Beteiligte Projekte der 3.Förderperiode des SFB/TRR 57.

Projektnummer

Projektleiter

Standort

Organ

Thema

Arbeitsgebiet 1 „Initiation von Fibrose“

P04

Liedtke/Nevzorova

Aachen

Leber

Zellzyklus

P06

Lüdde/Trautwein

Aachen

Leber

Zelltod

P22

Kroy

Aachen

Leber

HGF/c-Met in NASH

P28

Strnad

Aachen

Leber

Eisen und a1-Antitrypsin

P30

Kramann

Aachen

Niere

Gl1 + Myofibroblasten

Arbeitsgebiet 2 „Immunmechanismen der Fibrose“

P07

Berres/Bernhagen

Aachen/München

Leber

Macrophage migration inhibitory factor (MIF)

P09

Tacke

Aachen

Leber

Monozyten und Makrophagen

P10

Kurts/Hoppe

Bonn

Niere

Inflammasom & Kristallnephropathie

P12

Nattermann/Spengler

Bonn

Leber

Innate Lymphoid Cells

P24

Latz/Ludwig-Portugall

Bonn

Niere

Inflammasom & Lupus-Nephritis

P31

Wree/Trautwein

Aachen

Leber

Inflammasom & Cholestase

P32

Abdullah

Bonn

Leber

Antivirale Immunität

Arbeitsgebiet 3 „Modulation und Reparation der Fibrose“

P13

Weiskirchen

Aachen

Leber

Sternzellaktivierung

P17

Moeller/Ostendorf

Aachen

Niere

Parietalzellen

P18

Trebicka

Bonn

Leber

Angiotensin & portale Hypertension

P25

Boor/Floege

Aachen

Niere

PDGF

P33

Lammers

Aachen

Leber & Niere

Molecular imaging

Zentrale Einrichtungen des SFB/TRR 57

Q1

Boor/Longerich/Franklin

Aachen & Bonn

Leber & Niere

Histopathologie

Q2

Tolba

Aachen & Bonn

Leber & Niere

Tiermodelle

Q3

Tacke/Weiskirchen

Aachen

Leber & Niere

Zellisolation

Durch die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit und den direkten Wissenstransfer zwischen Leber- und Nierenfibrose konnten in den vergangenen Jahren neue Tiermodelle und wesentliche neue molekulare und zelluläre Pathomechanismen identifiziert werden. Hierzu zählen die Bedeutung intrazellulärer Signalwege in Hepatozyten und hepatischen Sternzellen/Myofibroblasten, der Beitrag verschiedener Immunzellpopulationen für Fibrose-Progression oder -Regression sowie die Entdeckung von Mediatoren systemischer Konsequenzen der Fibrose wie der portalen Hypertension. Zentrale Einrichtungen des SFB/TRR57 ([Tab. 1]) haben es ermöglicht, die Projekte eng zu vernetzen und Expertise zu bündeln. So erfolgte eine zentrale histopathologische Auswertung der Fibrosemodelle (Zentralprojekt Q1), eine koordinierte Tierhaltung und Überwachung der Tiermodelle (Zentralprojekt Q2) und eine standardisierte Isolation primärer Zellpopulationen mittels innovativer Techniken (Zentralprojekt Q3) an beiden Standorten.

Die gewachsene Vernetzung zwischen den verschiedenen Disziplinen und Standorten erwies sich als überaus fruchtbar, um Techniken und Konzepte auszutauschen, aber auch um gemeinsam in innovative Methodik zu investieren. So stehen dem SFB/TRR57 eine breite Vielfalt an Bildgebungstechniken für Mausmodelle zur Verfügung (z. B. µCT, MRT, intravitale Multiphoton-Mikroskopie), Multiplex-Technologie zur Inflammasom-Aktivierung im Gewebe, Transkriptom- und Proteomanalysen sowie ein von der DFG geförderter Zellsorter mit UV-Laser zur hochreinen Isolation Vitamin A-tragender hepatischer Sternzellen. Mit der neuen Förderperiode ist die Etablierung einer Einzelzellsequenzierung („DropSeq“) verbunden, welche eine Transkriptomanalyse auf Einzelzellebene sowie bessere Vergleiche zwischen Mausmodellen und humanen Proben erlaubt.

In der dritten Förderperiode (2017 – 2020) wird ein besonderer Schwerpunkt auf die Translation der Ergebnisse gelegt. Hierzu stehen nun eigene, prospektiv rekrutierte und gut charakterisierte Patientenkohorten (z. B. NASH oder alpha1-Antitrypsin-Mangel) zur Verfügung, anhand derer die klinische Relevanz der neu entdeckten Pathomechanismen unmittelbar überprüft werden soll. Zudem wurde im SFB/TRR57 in den letzten Jahren die Aktivierung des Inflammasoms als zentrale zelluläre Reaktion auf Entzündungsreize und als potentielles therapeutisches Ziel identifiziert. Diese Ergebnisse, ursprünglich im Modell der Lupus-Nephritis charakterisiert, werden nun in verschiedenen Projekten aufgegriffen, um Mechanismen besser zu verstehen und therapeutische Ansatzpunkte zu evaluieren. Des Weiteren werden Ansätze, die prinzipiell im SFB/TRR57 identifiziert wurden, nun bereits in klinischen Studien unter Beteiligung des SFB/TRR57 geprüft, z. B. die Hemmung der Chemokinrezeptor-vermittelten Monozyten-Rekrutierung oder die Hemmung von Zelltodsignalwegen in der NASH-Fibrose.

Die Organfibrose stellt als Schnittstelle zwischen chronischer Entzündung und Organversagen ein wichtiges, derzeit unvollständig verstandenes medizinisches Problem dar. Der SFB/TRR 57 hat sich zum Ziel gesetzt, Prinzipien organspezifischer, aber auch allgemeiner Fibrosemechanismen an den Organen Leber und Niere aufzudecken. Das gemeinsame Ziel ist die Entwicklung neuer Konzepte für eine verbesserte Diagnose, Prognose und Therapie der Fibrose.

Website: http://www.sfbtrr57.de