Gesundheitswesen 2022; 84(08/09): 815
DOI: 10.1055/s-0042-1753835
Abstracts | DGSMP/DGMS
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Thema: Wissenschaftlicher Nachwuchs

Zeitliche Dynamiken der sozioökonomischen Ungleichheit im COVID-19-Geschehen – ein Scoping Review

F Beese
,
L Wollgast
,
J Waldhauer
,
J Hoebel
,
B Wachtler
 

Einleitung Internationale Evidenz zeigt eine ungleich verteilte Krankheitslast durch SARS-CoV-2-Infektionen und COVID-19 in verschiedenen sozioökonomischen Gruppen. Eine steigende Zahl an Forschungsarbeiten beschäftigt sich außerdem mit zeitlichen Dynamiken sozioökonomischer Ungleichheiten in der Krankheitslast über den Pandemieverlauf. Dieses Scoping Review fasst den bisherigen internationalen Forschungsstand zu zeitlichen Dynamiken sozioökonomischer Ungleichheiten im COVID-19-Geschehen zum ersten Mal systematisch zusammen.

Methoden Eine systematische Literatursuche in Embase und Scopus mit vordefinierten Ein- und Ausschlusskriterien wurde für den Zeitraum vom 01.01.2020 bis 24.08.2021 durchgeführt. Zusätzlich wurden mehrere Fachzeitschriften sowie die Referenzlisten der eingeschlossenen Studien durchsucht, um weitere relevante Arbeiten zu identifizieren. Relevante Ergebnisse zur COVID-19-bezogenen Inzidenz, Hospitalisierung und Mortalität wurden standardisiert extrahiert sowie deskriptiv und narrativ synthetisiert. Das Vorgehen folgt den PRISMA Richtlinien für Scoping Reviews.

Ergebnisse Es wurden insgesamt 8.011 Arbeiten durch die Suche identifiziert, von denen 46 Studien in die Analyse eingeschlossen werden konnten.Insgesamt wurden 50,0% der eingeschlossenen Studien in den Vereinigten Staaten durchgeführt. Die Studien basieren überwiegend auf Surveillance-Daten (n=44), wobei sozioökonomische Indikatoren meist aggregiert in ökologischen Studien Verwendung fanden (92,5%). Die Ergebnisse zeigen am Anfang der Pandemie mehrheitlich höhere Raten in wohlhabenderen Bevölkerungsgruppen und darauffolgenden Crossover-Dynamiken zu höheren Raten in stärker deprivierten Bevölkerungsgruppen in späteren Pandemiephasen (41,9%). Fast alle Analysen zeigen (91,4%), dass sich sozioökonomische Unterschiede in COVID-19-Outcomes mit fortlaufender Pandemie zuungunsten sozioökonomisch benachteiligter Bevölkerungsgruppen manifestieren oder verschärfen.

Schlussfolgerung Diese systematische Übersichtsarbeit zeigt, dass sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen im Verlauf der Pandemie meist stärker durch COVID-19 betroffen waren. Die Ergebnisse zeigen eine Tendenz zu wachsenden und sich verschärfenden sozioökonomischen Ungleichheiten mit fortschreitender Pandemie. Gezielte Präventions- und Maßnahmenangebote, wie beispielsweise zielgruppengerechte Test-, Impf- und Informationsprogramme sowie Infektionsschutz in prekären Arbeits- und Wohnverhältnissen sind essenziell, um sozioökonomischen Ungleichheiten während Pandemien zu begegnen.



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Article published online:
22 August 2022

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