Z Gastroenterol 2022; 60(08): e645-e646
DOI: 10.1055/s-0042-1755104
Abstracts | DGVS/DGAV
Klinische Praxis und Versorgungsforschung
Versorgungsforschung: Von COVID19 bis ambulante Versorgung
Freitag, 16. September 2022, 17:15 – 18:35, Saal 8

Seltene Erkrankungen – selten gelehrt: eine Evaluation des Wissens zu Seltenen Erkrankungen unter Studierenden der Humanmedizin in Deutschland

C Vockeroth
1   Porphyrie-Zentrum Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Berlin, Deutschland
,
D Reinbacher
1   Porphyrie-Zentrum Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Berlin, Deutschland
2   Zentrale Notaufnahme Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Berlin, Deutschland
,
C Weiler-Normann
3   Martin Zeitz Centrum für Seltene Erkrankungen Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
,
R Somasundaram
1   Porphyrie-Zentrum Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Berlin, Deutschland
2   Zentrale Notaufnahme Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Berlin, Deutschland
,
E Diehl-Wiesenecker
1   Porphyrie-Zentrum Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Berlin, Deutschland
2   Zentrale Notaufnahme Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Berlin, Deutschland
› Author Affiliations
 

Einleitung Seltene Erkrankungen (SE) stellen Ärzt:innen diagnostisch vor große Herausforderungen: werden sie nicht erkannt, können diese u.U. zu deletären Verläufen führen trotz evtl. verfügbarer Therapien. Basis der erfolgreichen Diagnostik einer SE ist das in Studium und ärztlicher Weiterbildung erworbene Wissen zu diesen häufig auch gastroenterologisch relevanten Krankheitsentitäten, wie beispielweise den akuten Porphyrien. Bisher ist jedoch bzgl. des Wissensstandes zu SE unter Medizinstudierenden wenig bekannt.

Zielsetzung Ziel der vorliegenden Arbeit war, in einer Pilotumfrage den Wissensstand zu SE unter Medizinstudierenden in Deutschland zu evaluieren und damit Hinweise auf die Effektivität der aktuellen Lehre zu SE im Medizinstudium in Deutschland zu erhalten.

Methodik In einem Zeitraum von sechs Wochen führten wir eine anonymisierte Umfrage mit Hilfe eines online veröffentlichten Fragebogens unter Medizinstudierenden in Deutschland durch. Der Fragebogen beinhaltete 35 Fragen im Multiple-Choice (MC) Format zu Studium-bezogenen Daten, SE im Allgemeinen und Speziellen sowie zur Nutzung digitaler Medien.

Ergebnisse Die Teilnehmerzahl setzte sich aus n=410 Studierenden von 31 medizinischen Hochschulen aus den Semestern 1-13 zusammen, wovon n=266 Studierende den Fragebogen abschlossen.

Fragen zu Grundlagenwissen wie Begriffsdefinition, Anzahl und Häufigkeit von SE im Allgemeinen wurden von 15-33% der Teilnehmenden korrekt beantwortet. Fragen zu fachspezifischem Wissen zu ausgewählten SE wurden überwiegend korrekt beantwortet. Aus den Semestern 11-13 gaben 84.9% der Umfrageteilnehmer:innen an, bereits ein*e Patient*in mit SE im Rahmen Ihres Studiums gesehen zu haben.

Schlussfolgerung Die Studierenden schnitten in Fragen zu Krankheitsspezifika im MC-Format gut ab, unterschätzten jedoch im Abschnitt zu Grundlagenwissen die Anzahl an Betroffenen massiv. Dies lässt vermuten, dass den Studierenden die Dimension von SE im klinischen Alltag nicht bewusst ist.

Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass eine noch tiefergehende Abbildung der SE im Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin sowie die Entwicklung neuer Lehrformate im Sinne eines Wahlfaches zu SE, wie sie schon an einigen medizinischen Fakultäten angeboten werden, an allen medizinischen Hochschulen in Deutschland gerechtfertigt erscheint. Zukünftige Ärzt:innen können so bereits frühzeitig für die Thematik sensibilisiert und die Versorgung Betroffener perspektivisch verbessert werden.



Publication History

Article published online:
19 August 2022

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