Suchttherapie 2022; 23(S 01): S12-S13
DOI: 10.1055/s-0042-1755972
Abstracts
S08: Drogenpolitik

Evaluation der 3. Verordnung zur Änderung der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (3.BtMVVÄndV): Ergebnisse im Überblick

S Kuhn
1   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg (ZIS), Hamburg
,
K Lehmann
1   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg (ZIS), Hamburg
,
U Verthein
1   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg (ZIS), Hamburg
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Einleitung Die Substitutionsbehandlung Opioidabhängiger wird in Deutschland durch die Bestimmungen der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) und die fachlichen Richtlinien der Bundesärztekammer geregelt. Die Änderung der BtMVV in 2017 (3. BtMVVÄndV) war das Ergebnis der Bemühungen vieler Akteure und die Evaluation der 3. BtMVVÄndV wurde von allen Bundesländern in der Gesundheitsministerkonferenz 2018 einstimmig beschlossen.

Material und Methodik Die Auswirkungen der Änderungen der 3. BtMVVÄndV wurden über einen 3-Jahres-Zeitraum (2019 – 2022) evaluiert. Es wurde ein multimodales Studiendesign entwickelt, in welchem die Dokumentationsdaten der Bundesopiumstelle analysiert, Aspekte der Betäubungsmittelsicherheit betrachtet sowie landesweit wiederholt alle substituierenden Ärzt:innen befragt wurden. In 4 Modellregionen (Bundesländern) wurden Apotheker:innen kontaktiert, Patient:innen über Ärzt:innen rekrutiert sowie vertiefende Interviews mit substituierenden Ärzt:innen geführt.

Ergebnisse Die Auswertung der Dokumentationsdaten zeigte eine regionale Veränderung der Ärzt:innen und Patient:innenzahlen. Über die Änderungen der BtMVV waren 2019 ca. 78 % der Substituierenden, 65 % der Apotheker:innen und nur 33 % der Substituierten ausreichend informiert. Die Umfrage unter substituierenden Ärzt:innen machte deutlich, dass die Relevanz der unterschiedlichen Änderungen der BtMVV sehr differenziert zu betrachten und von 2019 auf 2021 gesunken ist. Die Aufgabe einer zeitlichen Vorgabe für das Erreichen einer Opioidabstinenz war für die Substituierenden die bedeutsamste Änderung und auch fast 90 % der Patient:innen könnten sich ein Leben ohne Substitution nicht vorstellen. Die Aufstockung der Patient:innenzahl im Rahmen der Konsiliarbehandlung war nur für wenige Ärzt:innen relevant. Die bisher nicht in die Substitution einbezogenen Apotheker:innen überschätzen Drogennotfälle in ihrer Apotheke. Knapp 80 % waren allerdings noch nie um eine Beteiligung gebeten worden.

Zusammenfassung Die Änderungen der BtMVV waren für die meisten substituierenden Ärzt:innen positiv und überfällig. Sie haben jedoch das Interesse der Ärzteschaft an der Substitution nicht erhöht, Es wird diskutiert, inwieweit diese Änderungen dazu beitragen können, die Versorgung von Opioidpatient:innen durch eine hinreichende Anzahl an substituierenden Ärzt:innen zu sichern und welche weiteren Maßnahmen bzw. Akteure notwendig wären.



Publication History

Article published online:
30 August 2022

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