Suchttherapie 2022; 23(S 01): S14
DOI: 10.1055/s-0042-1755975
Abstracts
S09: Sexualisierter Substanzgebrauch, Onlinesex- und Computerspielsucht – behandlungsrelevante Ergebnisse aus zwei Spezialambulanzen

Klinisches Erscheinungsbild und Behandlungsansätze der Onlinesexsucht

K Wölfling
1   Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz
› Institutsangaben
 

Einleitung Unter Internetbezogenen Störungen (IBS) wird in der internationalen Forschungsliteratur ein Überbegriff verstanden, der verschiedene exzessiv betriebene Nutzungsmuster, wie Online-Computerspiele, Online-Glücksspiele, Online-Kaufen, exzessive Nutzung von sozialen Netzwerkseiten und auch die suchtartige Nutzung von Onlinepornografie zusammenfasst. Die als Onlinesexsucht bezeichnete Subform der IBS, bezieht sich auf den unkontrollierbaren Konsum pornographischen Materials, das über diverse Anbieter im Internet breit verfügbar und einfach zugänglich ist. In den westlichen Gesellschaften ist Onlinesexsucht weit verbreitet. Klinisch ist Onlinesexsucht – vor allem auf dem Hintergrund der Persönlichkeitsstrukur der Patienten von „klassischer Sexsucht“ (wie sie als „nicht-paraphile Sexsucht“ im DSM-III-R in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts Erwähnung fand) abzugrenzen, da die Betroffen an soziosexuellen Kontakten meist überhaupt nicht interessiert sind.

Material und Methodik Im Vortrag werden Daten eines konsekutiven behandlungssuchenden Kollektivs von Patienten mit Online-Computerspielsucht denen von Patienten mit Onlinesexsucht gegenübergestellt. Dabei wurden unter anderem Persönlichkeitsvariablen sowie Kindheitstrauma berücksichtigt. Ein auf den Pornografiekonsum abstinenzorientierter Therapieansatz wird vorgestellt.

Ergebnisse Die Gruppe der Patienten mit Onlinesexsucht, vor allem Männer mittleren Alters, zeichneten sich durch einen guten Bildungsstand, gute soziale Integration bei beruflichem Erfolg aus. Rein zeitlich war die Internetnutzung in dieser Gruppe geringer ausgeprägt. In den Persönlichkeitsdimensionen (NEO-FFI) zeichneten sich Onlinesexsüchtige durch niedrige Extraversion, hohe Neurotizismuswerte sowie geringe Gewissenhaftigkeit aus. Diese Gruppe wies zudem erhöhte Kindheitstraumatisierungen (emotionaler und körperlicher Missbrauch, emotionale Vernachlässigung) verglichen mit den Online-Computerspielsüchtigen als auch mit der Normalbevölkerung auf.

Zusammenfassung Neben den, wie oft auch für Internetsüchtige beschriebenen Auffälligkeiten in den Persönlichkeitsdimensionen zeigt die Gruppe der Onlinesexsüchtigen vermehrt Belastungen durch Kindheitstraumatisierungen, die unbedingt in der Behandlung der Störung berücksichtigt werden sollte.



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Artikel online veröffentlicht:
30. August 2022

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