Suchttherapie 2022; 23(S 01): S15
DOI: 10.1055/s-0042-1755979
Abstracts
S10: Achtsamkeit und Sucht in Kindheit und Jugend: ausgewählte Befunde aus dem Forschungsverbund IMAC-Mind (BMBF)

Achtsamkeitsorientierte und neuropsychobiologische Strategien und Befunde aus Kohortenauswertungen und einer subklinischen Jugendstichprobe (IMAC-Mind Teilprojekte 1 und 2)

M Prignitz
1   Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim
,
K Jansone
1   Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim
,
S Guldner
1   Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim
,
H Flor
1   Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim
,
F Nees
2   Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Kiel
› Author Affiliations
 

Einleitung Die Adoleszenz ist gekennzeichnet durch eine erhöhte Vulnerabilität für die Entwicklung von Alkoholerkrankungen. Individuelle Vulnerabilitätsunterschiede entstehen u.a. durch neurobiologische und psychosoziale Faktoren. Ziel der Teilprojekte 1 und 2 (TP1 & TP2) ist es, diese Vulnerabilitäts- und Resilienzfaktoren (u.a. Achtsamkeit) weiter zu klassifizieren und evidenzbasierte Screening- und Präventionsinstrumente abzuleiten.

Material und Methodik In TP1 werden verschiedene Kohorten gebündelt um individuelle, Umwelt- und neurobiologische Faktoren zu klassifizieren, über den Verlauf abzubilden und in Zusammenhang mit Suchterkrankungen zu bringen. Hier wurden Daten größerer Längsschnittkohorten (u.a. ROLS, IMAGEN, MARS, FRANCES, POSEIDON) mit >2.500 Probanden entlang von Selbstregulation, Belohnungssensitivität, Impulsivität und emotionaler Reaktivität mit Hilfe eines multimodalen Ansatzes integriert und kreuzvalidiert. In TP2 durchliefen 75 subklinische Jugendliche (15.11 ± 1.00 Jahre, 48.0% weiblich) im MRT u.a. Aufgaben zur Belohnungssensitivität (Monetary incentive delay task) und wurden mittels ecological momentary assessment (EMA) 14 Tage begleitet.

Ergebnisse Die Daten aus TP1 legen nahe, dass ein signifikanter Einfluss Achtsamkeits-basierter Faktoren auf den Alkoholkonsum, die Abhängigkeitssymptomatik bei Jugendlichen sowie dem frühen exzessiven Beginn des Konsums von Alkohol besteht, und sich dies auch im weiteren Verlauf bis ins frühe Erwachsenenalter zeigt. Die Daten aus TP2 zeigen, dass Achtsamkeitsmaße mit neurophysiologischen Belohnungsverarbeitungsprozessen einhergehen, die ein Risiko für die Entstehung von Substanzabhängigkeit darstellen können. Niedrigere Werte im Bereich der körperbezogenen Achtsamkeitsregulation sind hier mit einem erhöhten Alkoholkonsum, sowie einer höheren Aktivierung im Striatum während der Erwartung von Belohnung assoziiert. Daten aus der EMA-Untersuchung zeigen, dass vor allem Stress und Depressivität in Interaktion mit generellem Alkoholkonsum (AUDIT) im Zusammenhang mit der Trinkhäufigkeit während des 14-Tage-Zeitraums einhergehen.

Zusammenfassung Aus Projekt TP2 lässt sich schließen, dass ein höheres Stresserleben und höhere Depressivität Risikofaktoren für den Alkoholkonsum im Jugendalter darstellen und dies durch geringe Ausprägung von Achtsamkeit verstärkt werden kann. Achtsamkeits-Interventionen könnten demnach eingesetzt werden, um das Risiko eines Übergangs von riskantem Alkoholkonsum zu einer Alkoholsuchterkrankung im Jugendalter zu reduzieren.



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Article published online:
30 August 2022

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