Suchttherapie 2022; 23(S 01): S26
DOI: 10.1055/s-0042-1756012
Abstracts
S18: Re-Balance the Brain? – Vorstellung aktueller neuroendokrinologischer Forschungsergebnisse zur Rolle von Oxytocin, Leptin und Ghrelin bei Abhängigkeitserkrankungen und deren Nutzen in der Behandlung

Oxytocin als Behandlungsoption von Suchterkrankungen – Aktuelle Befunde und klinische Studien

S Zimmermann
1   Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim
› Author Affiliations
 

Einleitung Erste Studien deuten darauf hin, dass das Oxytocin-System ein Ziel für die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze sein kann. Bisherige Studien haben gezeigt, dass Oxytocin Alkoholverlangen, Alkohol-Reizreaktivität und Stressreaktivität positiv beeinflussen kann. Über die Kombination von Oxytocin mit bereits zugelassenen Pharmakotherapien ist bisher wenig bekannt. Ziel unserer aktuellen klinischen Studie ist es daher, zu untersuchen, ob Oxytocin zusätzlich zur Behandlung mit Naltrexon positive Effekte hat.

Material und Methodik Hierfür nehmen N=62 Patienten mit Alkoholabhängigkeit an der randomisierten, doppelblinden Studie mit Parallelgruppendesign teil. An zwei aufeinanderfolgenden Tagen erhalten die Patienten zusätzlich zu Naltrexon entweder 24 I.E. Oxytocin oder ein Placebo. Am ersten Untersuchungstag nehmen die PatientInnen an einer kombinierten Alkohol- und Stressbelastungsaufgabe teil. Am zweiten Untersuchungstag erfolgt eine Untersuchung der neuronalen Prozesse im Magnetresonanztomograph.

Ergebnisse In bisherigen Studien konnte unsere Arbeitsgruppe zeigen, dass 24 I.E. Oxytocin die Alkohol-Reizreaktivität, die mit dem Alkoholverlangen assoziiert ist, reduzieren konnte und dass Oxytocin die Amygdala-Aktivierung bei Betrachtung negativer Gesichtsausdrücke verringert, wobei diese mit dem Alkoholverlangen-reduzierenden Effekt assoziiert sein könnte. In der aktuellen klinischen Studie erwarten wir nach der Oxytocin-Gabe eine Reduktion des Alkoholverlangens, sowie eine Reduktion der Alkohol-Reizreaktivität und der Stressreaktivität, wobei jeweils der Effekt bei Kombination von Naltrexon mit Oxytocin oder Placebo untersucht wird.

Zusammenfassung Bisher für die Behandlung einer Alkoholabhängigkeit zugelassene Medikamente verringern das Alkoholverlangen und die Rückfallquote nicht ausreichend, weshalb neue medikamentöse Behandlungsansätze benötigt werden. Ersten Studien zufolge ist das Oxytocin-System ein vielversprechendes Ziel für die Entwicklung neuer medikamentöser Ansätze zur Behandlung einer Alkoholabhängigkeit. Neben den bereits bekannten positiven Effekten von Oxytocin auf abhängigkeitsrelevante Prozesse untersuchen wir die Kombination von Oxytocin mit einer etablierten Standardmedikation (Naltrexon), um das Potential von Oxytocin als Kandidat für eine zusätzliche Medikation, die bei Bedarf verabreicht werden könnte, um die Effekte von Naltrexon zu verstärken, wenn die Standardmedikation nicht ausreichend wirksam ist.



Publication History

Article published online:
30 August 2022

© 2022. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany