Suchttherapie 2022; 23(S 01): S31
DOI: 10.1055/s-0042-1756028
Abstracts
S22: Unterschiedliche Perspektiven auf die Kauf-Shopping-Störung

Online-Shopping-Störung und Soziale-Netzwerke-Nutzungsstörung: Same same, but different?

E Wegmann
1   Universität Duisburg-Essen, Duisburg-Essen
,
A Keßling
1   Universität Duisburg-Essen, Duisburg-Essen
,
M Brand
1   Universität Duisburg-Essen, Duisburg-Essen
› Institutsangaben
 

Einleitung Online-Shopping und die Nutzung sozialer Netzwerke sind vermutlich diejenigen Online-Aktivitäten, die funktional in den Alltag der meisten Nutzenden integriert sind. Auch wenn die Nutzung vordergründig funktional ist, zeigen Studien, dass Personen von negativen Konsequenzen aufgrund einer übermäßigen Nutzung beider Anwendungen berichten, wobei Parallelen zu anderen suchtartigen (Online-) Verhaltensweisen diskutiert werden. Dabei stellt sich die Frage, welche konvergenten und divergenten Risikofaktoren bei beiden potenziellen Störungsbildern identifiziert werden können und welche Relevanz angstgetriebene und belohnungsgetriebene Verstärkungsmechanismen bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung von Online-Shopping-Störung und Soziale-Netzwerke-Nutzungsstörung haben.

Material und Methodik Es wird ein narrativer Überblick über die bisherige theoretische und empirische Befundlage zu bestehenden Risikofaktoren beider Störungsbilder angeboten. Darüber hinaus werden erste empirische Daten einer Online-Studie vorgestellt (N=315), die die Relevanz verstärkender Prozesse für beide Verhaltensweisen untersuchen.

Ergebnisse Die theoretische Übersicht verdeutlicht eine gemeinsame argumentative Grundlage, die insbesondere die Bedeutsamkeit affektiver und kognitiver Prozesse hervorhebt. Darüber hinaus wird diskutiert, dass je nach Anwendung spezifische Prädispositionen wie die Relevanz sozialer Kognitionen und verschiedener Bedürfnisse (z.B. Zugehörigkeitsbedürfnisse und Materialismus) identifiziert werden können. Die ersten Ergebnisse der hier vorgestellten Online-Studie unterstreichen, dass fehlende Bedürfnisbefriedigung, Vermeidungserwartungen und Kompensationserleben mit einer problematischen Nutzung sozialer Netzwerke einherzugehen scheinen, während bei einer Online-Shopping-Störung zusätzlich positive Erwartungen und das Erleben von Gratifikation verstärkende Mechanismen darstellen.

Zusammenfassung Grundlegende Risikofaktoren und Verstärkungsmechanismen bei beiden potenziellen Störungsbilder sind vergleichbar. Dennoch scheint es auch spezifische Personenmerkmale und Bedürfnisse zu geben, die differentiell mit der exzessiven Nutzung sozialer Netzwerke bzw. Online-Shopping verbunden sind. Eine Differenzierung in positive und negative Verstärkungsmechanismen erscheint sinnvoll. Die problematische Nutzung sozialer Netzwerke scheint eher der angstgetriebenen Hypothese zugeschrieben werden zu können, während sich bei der Online-Shopping-Störung Hinweise für die Evidenz der angstgetriebenen wie auch der belohnungsgetriebenen Hypothese abzeichnen. Änderungen der Verstärkungsmechanismen über die Zeit erscheinen theoretisch plausibel. Diese Differenzierung sollte in zukünftigen Studien spezifiziert und in Longitudinalstudien empirisch geprüft werden.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
30. August 2022

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