Suchttherapie 2022; 23(S 01): S39-S40
DOI: 10.1055/s-0042-1756053
Abstracts
S28: Spezifische Zielgruppen und Stigmatisierung

Mind the Gap – Medizinische Rehabilitation von Abhängigkeitserkrankungen bei Jugendlichen und Adoleszenten

A Wenzel
1   Dietrich Bonhoeffer Klinik gGmbH, Großenkneten
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Einleitung Deutschlandweit gibt es nur wenige Kliniken, die die Anforderungen an die stationäre medizinische Rehabilitation für Jugendliche mit substanzbedingten Erkrankungen gemäß der gemeinsame Suchtkommission der kinder- und jugendpsychiatrischen Fachgesellschaften erfüllen. Während der Bedarf an altersangemessenen Angeboten stetig wächst, mangelt es an evidenzbasierten Therapieangeboten insbesondere im Bereich der Rehabilitation für jüngere Betroffene. Der Vortrag stellt die Besonderheiten, Chancen und Limitationen in der Rehabilitationsbehandlung von Jugendlichen und Adoleszenten am Beispiel der Dietrich-Bonhoeffer Klinik dar.

Material und Methodik Bei der DBK handelt es sich um eine Fachklinik für die Behandlung abhängigkeitserkrankter Jugendlicher und Heranwachsender zwischen 14 und 25 Jahren. Die Klinik verfügt über rund 50 Behandlungsplätze. Im Fokus der Behandlung steht die Berücksichtigung von psychischen Komorbiditäten (Doppeldiagnosen).

Ergebnisse Die Umsetzung der Anforderungen an die medizinische Rehabilitationsbehandlung von abhängigkeitserkrankten Kindern, Jugendlichen und Adoleszenten ist vor dem Hintergrund unzureichender qualifizierter Entgiftungsangebote sowie fehlender gesonderter Struktur- und Qualitätsvorgaben für Jugendliche bei gleichzeitigem allgemeinen Fachkräftemangel erschwert. Jugendliche und Adoleszente werden aus den Regelversorgungskliniken nicht selten mit noch sichtbaren Entzugssymptomen aufgrund Ermangelung an alternativer Behandlungsmöglichkeiten versucht in den Rehabilitationsbereich zu überführen. Ein erhöhter personeller Bedarf sowie gesonderte fachliche Qualifikationen die in der Behandlung Minderjähriger maßgeblich entscheidend am Therapieerfolg sind werden in den Strukturanforderungen der Kostenträger nicht berücksichtigt, was in Folge der fehlenden Refinanzierungsmöglichkeiten die Existenzsicherheit derartiger Kliniken gefährdet.

Zusammenfassung Die Anforderungen an Rehabilitationskliniken können im aktuellen Versorgungssystem nur bedingt berücksichtigt werden. Zum einen mangelt es an Rahmenvorgaben an entsprechend ausgerichtete Institutionen, zum anderen tragen fehlende evidenzbasierte stationäre Behandlungskonzepte, Fachkräftemangel und wirtschaftliche Gesichtspunkte zu einer erschwerten Umsetzung der geforderten Richtlinien für die Rehabilitationsbehandlung bei Kindern, Jugendlichen und Adoleszenten bei. Es bedarf einer grundlegenden Reformierung des Suchthilfesystems und der deutschlandweiten Vernetzung von Fachexperten um eine Vereinheitlichung von Behandlungsstandards und altersentsprechenden Zugangswegen zur stationären Rehabilitation zu erreichen und Versorgungslücken zu schließen.



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Article published online:
30 August 2022

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