Suchttherapie 2022; 23(S 01): S40-S41
DOI: 10.1055/s-0042-1756055
Abstracts
S29: Einsatz qualitativer Methoden – innovative Wege in der Suchtforschung

Behandler:innenperspektive auf die Versorgungsstrukturen für Patient:innen mit äthyltoxischer Zirrhose in Vorbereitung auf eine Lebertransplantation. Herausforderungen an der Schnittstelle zwischen Transplantationszentrum und Suchthilfesystem sowie Barrieren im Suchthilfesystem

A Binder
1   Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen
,
J Fenchel
1   Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen
,
I Lang
1   Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen
,
A Batra
1   Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen
› Author Affiliations
 

Einleitung Die alkoholinduzierte Leberzirrhose ist in Europa eine der häufigsten Indikationen für eine Lebertransplantation (LTX). Liegt eine äthyltoxische Genese vor, so ist in Deutschland gemäß Transplantationsgesetz der Nachweis einer Abstinenz über mind. 6 Monate erforderlich, bevor die Listung zur Transplantation erfolgen kann. Dieser wird an einem der 22 spezialisierten Transplantationszentren erbracht. Therapeutische Angebote erfolgen am LTX-Zentrum oder heimatnah im Suchthilfesystem. Mit dieser Studie sollen Defizite in der Versorgung erfasst werden.

Material und Methodik Es wurden semistrukturierte Interviews mit 11 Behandler:innen aus 10 deutschen LTX-Zentren, die Patientinnen und Patienten mit äthyltoxischer Zirrhose in der Abstinenzphase vor der Listung für die LTX betreuen, geführt. Es folgte eine strukturierende inhaltsanalytische Auswertung. Anschließend wurde eine typenbildende Queranalyse durchgeführt.

Ergebnisse Es zeigte sich, dass nicht alle Zentren suchttherapeutische Angebote in ihr reguläres Behandlungskonzept integriert haben. Auch die individuelle Vermittlung in eine heimatnahe suchttherapeutische Versorgung findet nicht an allen Zentren statt. Durch die großen Einzugsgebiete der Zentren erscheint das Suchthilfesystem für die Behandler:innen unübersichtlich, was die Vermittlung in heimatnahe Behandlung erschwert. Aus Behandler:innenperspektive erschweren die körperlichen Einschränkungen und eine fehlende Passung zwischen Angeboten im Suchthilfesystem und den Bedarfen der Patientengruppe zusätzlich die heimatnahe Versorgung.

Zusammenfassung Aus Behandler:innenperspektive sind sowohl an der Schnittstelle als auch bei den heimatnahen Behandlungsangeboten für die Patient:innengruppe Barrieren und ein Mangel an spezialisierten Versorgungsangeboten vorhanden. Um diese zu überwinden, sind personelle Ressourcen nötig, um spezialisierte und umfassendere Angebote an den Zentren schaffen und um die Vermittlung ins Suchthilfesystem zu verbessern. Um die Zuweisung zu erleichtern, sollte eine Verzeichnis mit spezialisierten Angeboten erstellt werden. Zudem müssten mehr spezialisierte Angebote im ambulanten Suchthilfesystem geschaffen werden, um die Angebote der LTX-Zentren zu ergänzen.



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Article published online:
30 August 2022

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