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DOI: 10.1055/s-0042-1756062
„Und keiner kriegt mehr Reha?“ Eine Trendanalyse auf Basis von Routinedaten
Einleitung Seit der Jahrtausendwende haben sich die Behandlungsmöglichkeiten für Menschen mit Substanzkonsumstörungen durch sich wandelnde politische und strukturelle Rahmenbedingungen verändert. Ein wesentlicher Faktor ist hierbei der Ausbau ambulanter Therapieangebote, der mit dem von Praktiker*innen beobachteten Bedeutungsverlust stationärer Entwöhnungsbehandlungen im Zusammenhang stehen könnte.
Material und Methodik Auf Basis von Routinedaten (Deutschen Suchthilfestatistik, der Basisdokumentation des Fachverbandes Sucht, Deutsche Rentenversicherung) werden wesentliche Entwicklungen im Bereich der Suchtrehabilitation herausgearbeitet. Dabei wird besonderes Augenmerk auf möglicherweise unterschiedliche Trends in Bezug auf die Art der Störung bzw. innerhalb verschiedener Patient*innengruppen sowie auf das Zusammenspiel ambulanter und stationärer Versorgungsangebote gelegt.
Ergebnisse Erste Ergebnisse belegen einen Rückgang stationärer Entwöhnungsbehandlungen in den letzten zehn Jahren, während die Anzahl der stationären Rehamaßnahmen grundsätzlich eher gestiegen ist. Von diesem Rückgang sind Entwöhnungsbehandlungen bei Alkoholkonsumstörungen deutlich stärker betroffen als Entwöhnungsbehandlungen bei Störungen durch illegale Drogen. Der Rückgang im stationären Sektor wird dabei nicht durch eine entsprechende Zunahme ambulanter Entwöhnungsbehandlungen ausgeglichen: Zwar habe ambulante Entwöhnungsbehandlungen bei Patient*innen mit Störungen durch illegale Drogen an Bedeutung gewonnen, bei Patient*innen mit Alkoholkonsumstörungen ist aber auch hier ein Rückgang zu verzeichnen. Derzeit wird untersucht ob sich die beobachteten Trends geschlechtsspezifisch bzw. innerhalb bestimmter Altersgruppen unterscheiden.
Zusammenfassung Routinedaten bestätigen den in der Praxis bekundeten Rückgang stationärer Entwöhnungsbehandlungen. Zugleich lässt sich die Hypothese eines Ausgleichs durch ambulante Therapiealternativen nicht belegen. Der beobachtete Trend ist dabei für Patient*innen mit Alkoholkonsumstörungen deutlich stärker ausgeprägt als für Patient*innen mit Störungen durch illegale Drogen. Um die hinter den Beobachtungen stehenden Mechanismen besser verstehen zu können erscheinen qualitative Studien, die sich mit strukturellen und patient*innenseitigen Hürden für den Antritt einer Entwöhnungsbehandlung auseinandersetzen geboten.
Publication History
Article published online:
30 August 2022
© 2022. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart,
Germany