Suchttherapie 2022; 23(S 01): S54-S55
DOI: 10.1055/s-0042-1756097
Abstracts
S40: Geschlechtssensitive Suchtbehandlung über die Lebensspanne

Geschlechterunterschiede im Kontext von Internetnutzungsstörungen

A Bischof
1   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität zu Lübeck, Lübeck
,
D Brandt
1   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität zu Lübeck, Lübeck
,
G Bischof
1   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität zu Lübeck, Lübeck
,
H Schmidt
1   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität zu Lübeck, Lübeck
,
J H Rumpf
1   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität zu Lübeck, Lübeck
› Author Affiliations
 

Einleitung In der 5. Auflage des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5) und in der 11. Auflage der International Classification of Diseases (ICD-11) wurde die (Internet) Gaming Disorder als Diagnose eingeführt. Internationale Studien der vergangenen Jahre wiesen jedoch darauf hin, dass auch andere Anwendungen im Internet wie die Nutzung sozialer Netzwerke zu starken Beeinträchtigungen und suchtartigem Verhalten führen können. Weiterhin zeigen sich bei Vorliegen einer Internetabhängigkeit häufig komorbide psychische Störungen. Der Beitrag bietet einen Überblick über Geschlechterunterschiede bei der Nutzung verschiedener Internetanwendungen sowie bei der Inanspruchnahme formeller Hilfen.

Material und Methodik Anhand einer Literaturrecherche werden aktuelle Befunde zu Geschlechterunterschieden bei Internetnutzungsstörungen und komorbiden Erkrankungen dargestellt sowie internationale Daten zur Behandlung von Männern und Frauen. Weiterhin werden geschlechtsspezifische Ergebnisse der iPIN-Studie („intervenieren bei Problematischer Internetnutzung“) dargestellt, einer proaktiv rekrutierten Stichprobe (n=8.230) im Setting beruflicher Schulen.

Ergebnisse Es zeigen sich deutliche Geschlechterunterschiede in Bezug auf Nutzungsformen; während Männer häufiger Gaming-Angebote nutzen, zeigen Frauen eine höhere Nutzung sozialer Netzwerke. Insgesamt zeigt sich, dass Männer im Vergleich zu Frauen häufiger Behandlung für Internetnutzungsstörungen in Anspruch nehmen. Auch in der iPIN-Studie zeigten sich Geschlechterunterschiede bezüglich der Nutzungsform. Bei weiterführender Studienteilnahme ergaben sich zur Baseline (n=937) signifikant höhere Nutzungszeiten bei Männern bei gleichzeitig signifikant niedrigerer Änderungsmotivation und stärkerem sozialem Rückzug.

Zusammenfassung Aufgrund des Fehlens eines Goldstandards in der Diagnostik lassen sich Prävalenzen nur schwer bestimmen. Weiterhin ist bislang nur die Gaming Disorder in die diagnostischen Systeme aufgenommen, was dazu führt, dass Störungsbilder bei Frauen oftmals nicht oder nicht ausreichend wahrgenommen werden. Dementsprechend sind Frauen in der Behandlung von Internetnutzungsstörungen deutlich unterrepräsentiert, was einerseits auf geschlechtsspezifischen Nutzungspräferenzen, andererseits möglicherweise auch auf unterschiedlichen Ausprägungen oder Bedarfen beruht. Implikationen für Forschung und Versorgung werden diskutiert.



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Article published online:
30 August 2022

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