Geburtshilfe Frauenheilkd 2022; 82(10): e47-e48
DOI: 10.1055/s-0042-1756752
Abstracts | DGGG

„Eltern werden“ – Wie die COVID-19 Pandemie den Kinderwunsch von sexuellen Minoritäten beeinflusst

F Batz
1   University Hospital, LMU Munich, Department of Obstetrics and Gynecology and Center for Gynecological Endocrinology and Reproductive Medicine, Munich, Deutschland
,
E Lermer
2   LMU, Center for Leadership and People Management, München, Deutschland
3   Ansbach University of Applied Sciences, Applied Business and Media Psychology, Ansbach, Deutschland
,
S Lech
4   Charité – Universitätsmedizin, Institute of Medical Sociology and Rehabilitation Science, Berlin, Deutschland
5   Charité – Universitätsmedizin, Department of Psychiatry and Psychotherapy, Berlin, Deutschland
,
M Franz
1   University Hospital, LMU Munich, Department of Obstetrics and Gynecology and Center for Gynecological Endocrinology and Reproductive Medicine, Munich, Deutschland
,
M Berger
5   Charité – Universitätsmedizin, Department of Psychiatry and Psychotherapy, Berlin, Deutschland
,
S Mahner
1   University Hospital, LMU Munich, Department of Obstetrics and Gynecology and Center for Gynecological Endocrinology and Reproductive Medicine, Munich, Deutschland
,
CJ Thaler
1   University Hospital, LMU Munich, Department of Obstetrics and Gynecology and Center for Gynecological Endocrinology and Reproductive Medicine, Munich, Deutschland
,
P Buspavanich
5   Charité – Universitätsmedizin, Department of Psychiatry and Psychotherapy, Berlin, Deutschland
› Author Affiliations
 

Hintergrund Lesben, Schwule und Bisexuelle (LGB*)Personen haben zunehmend mehr Möglichkeiten, einen Kinderwunsch zu realisieren. Kinderwunschmotive und individuelle Lebensentwürfe werden inneren und äußeren Einflussfaktoren bestimmt. Dabei müssen LGB* Personen besondere Hindernisse überwinden, um ihren Kinderwunsch zu verwirklichen. Es gibt erste Hinweise, dass LGB*Personen stärker von depressiven Symptomen in der COVID-19-Pandemie betroffen sind, als cis-Heterosexuelle. Offen ist jedoch, inwiefern Depressivität den Kinderwunsch bei LGB*Personen und cis-Heterosexuellen beeinflusst.

Methode Es wurden Daten einer deutschlandweiten Onlinebefragung von April 2020 bis Juli 2020 (N=2135) verwendet. Demografischen Daten, psychisches Wohlbefinden (PHQ-4-Score) und Kinderwunschmotive (LKM-20) von LGB* Personen (n = 832) und cis-Heterosexuellen (n=1304) wurde abgefragt.

Ergebnisse LGB*Personen zeigten verglichen mit cis-Heterosexuellen ein signifikant häufiger depressive Symptome (PHQ-4 Summenscore: n=211 (29,6%) vs. n=227 (20.1%); p=0,019). Die Ausprägungen der Kinderwunschmotive zeigten auf allen Skalen („Emotionale Stabilisierung und Sinnfindung“ oder „Soziale Anerkennung und Identitätsbildung“) signifikant niedrigere Werte bei LGB*Personen verglichen mit cis-Heterosexuellen (LKM-20 Summenscore: M=2,35 vs. M=2,96; p=0,008). Allerdings fand sich in keiner der beiden Gruppen eine Veränderung seit Beginn der COVID-19-Pandemie. Daneben zeigte sich eine signifikant negative Assoziation zwischen dem Kinderwunsch und depressiven Symptomen (p=0,032).

Diskussion Durch strukturelle Marginalisierung und individuelle Diskriminierungserfahrungen weisen LGB*Personen ein erhöhtes Risiko für psychische Belastungen auf. Der Wunsch und die Möglichkeiten, eigene Kinder zu bekommen scheint dabei mit dem psychischen Wohlbefinden eng verknüpft zu sein. In diesem Kontext sollen in weiterführenden Studien relevante Risiko- und Schutzfaktoren und deren zugrundeliegenden Mechanismen identifiziert werden. Das Ziel sollte sein eine Strategie zur Förderung von Kinderwunsch von LGB*Personen abzuleiten.



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Article published online:
11 October 2022

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