Geburtshilfe Frauenheilkd 2022; 82(10): e135
DOI: 10.1055/s-0042-1756979
Abstracts | DGGG

Ernährungsmedizinische Betreuung von Brustkrebspatientinnen: Diskrepanz zwischen Bedarf und realer Versorgungssituation

J Ostermann
1   Institut für Ernährungsmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Lübeck, Deutschland
,
J Wolff
2   Brustzentrum und CCC München LMU, Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, LMU Klinikum, München, Deutschland
,
P Wülfing
3   Pink gegen Brustkrebs GmbH, Hamburg, Deutschland
,
M Smollich
1   Institut für Ernährungsmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Lübeck, Deutschland
› Author Affiliations
 

Zielsetzung Im Rahmen der Primärtherapie und während der Rezidivprävention des Mammakarzinoms sind der Ernährungsstatus und mögliche Effekte von Nahrungsergänzungsmitteln von großer klinischer Relevanz. Ziel der vorliegenden Untersuchung war die Beantwortung der Frage, ob es eine Diskrepanz zwischen dem ernährungsmedizinischen Bedarf von Brustkrebspatientinnen und der realen Versorgungssituation gibt.

Materialien Von Dezember 2019 bis März 2020 wurden deutschlandweit Brustkrebspatientinnen mittels Online-Fragebogen zur Ernährungsberatung und zur Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln während ihrer Therapie befragt. Insgesamt nahmen 166 Brustkrebspatientinnen an der Umfrage teil. Das durchschnittliche Alter betrug 51 Jahre (26 bis 78 Jahre).

Methoden Der Fragebogen umfasste 22 Fragen und wurde mittels Umfrage-Link online durchgeführt. Für die Rekrutierung wurden zwölf Selbsthilfegruppen angeschrieben, die ihrerseits die Patientinnen kontaktierten. Die statistische Analyse erfolgte mit dem χ2-Test für zwei unabhängige Variablen.

Ergebnisse 64,5 % der befragten Brustkrebspatientinnen gaben an, nach ihrer Brustkrebsdiagnose keinerlei Ernährungsberatung erhalten zu haben; gleichzeitig hätten sich 71,8 % dieser Frauen eine Ernährungsberatung gewünscht. 56 % der Frauen gaben an, keine Beratung zu Nahrungsergänzungsmitteln erhalten zu haben, obwohl 80,8 % der Frauen parallel zur onkologischen Therapie Nahrungsergänzungsmittel eingenommen hatten. 83,7 % der Frauen informierten sich selbstständig über adjuvante Ernährungstherapien; die häufigsten Informationsquellen dafür waren Internetseiten und Onlineforen (71,2 %).

Zusammenfassung Die Ergebnisse zeigen eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem ernährungsmedizinischen Bedarf und der realen Beratungssituation von Frauen mit Brustkrebs. Trotz des mehrheitlich artikulierten Bedarfs einer individuellen Ernährungsberatung wird diese in der Regel nicht angeboten. Die strukturelle Implementierung einer qualifizierten Ernährungsberatung für alle Brustkrebspatientinnen wäre dringend notwendig, um die Versorgungsqualität von Frauen mit Brustkrebs zu verbessern.



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Article published online:
11 October 2022

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