Geburtshilfe Frauenheilkd 2022; 82(10): e172-e173
DOI: 10.1055/s-0042-1757076
Abstracts | DGGG

Maternale akute myeloische Leukämie (AML) in der Schwangerschaft mit letalem Verlauf – Ein Fallbericht

M Thiel
1   Universitätsklinikum Düsseldorf, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Düsseldorf, Deutschland
,
T Ulrych
2   Universitätsklinikum Düsseldorf, Klinik für Hämatologie, Onkologie und Klinische Immunologie, Düsseldorf, Deutschland
,
T Höhn
3   Universitätsklinikum Düsseldorf, Klinik für Allgemeine Pädiatrie, Neonatologie und Kinderkardiologie, Düsseldorf, Deutschland
,
T Fehm
1   Universitätsklinikum Düsseldorf, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Düsseldorf, Deutschland
,
C Hagenbeck
1   Universitätsklinikum Düsseldorf, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Düsseldorf, Deutschland
› Institutsangaben
 

Zusammenfassung Zuverlegung einer 32-jährigen G3P2 in 29+5 Schwangerschaftswochen, mit allgemeinem Unwohlsein und progredienten Oberbauchschmerzen seit einer Woche zum Gestoseausschluss. Erstdiagnose einer akuten myeloischen Leukämie (AML). Interdisziplinäre Therapieinitiierung: Chemotherapie, Aderlass, Entbindung per Sectio caesarea nach Abschluss der antenatalen Steroidgabe. Intraoperativ hypertherme Kreislaufreaktion mit beginnender intravasaler Verbrauchskoagulopathie (DIC) und hämodynamischer Instabilität. Trotz intensivmedizinischer Maximalbetreuung verstarb die Patientin an Multiorganversagen am 4. Tag nach Aufnahme.

Anamnese und klinischer Befund Die Schwangere berichtete über seit einer Woche bestehenden Oberbauchschmerzen und generalisiertem Pruritus, Kopfschmerzen sowie eines großflächigen Exanthems am Abdomen und Oberschenkeln beidseits. Soweit unauffälliger Schwangerschaftsverlauf, keine relevanten Voroperationen, unauffällige Familienanamnese, Penicillinallergie, keine B-Symptomatik. Vorerkrankung: virale Meningitis vor 4J. Unauffällige fetale Sonoanatomie und feto-maternale Dopplerindices. Maternale Untersuchungsbefunde: Sonographisch Hepatosplenomegalie und cervikale Lymphadenopathie mit malignomsuspekten Lymphknoten cervikal beidseits und rechts inguinal.

Diagnose Aufnahmelabor: Leukozytose (131 G/l), Thrombozytopenie (93 G/l), Anämie (Hb 9,6 g/dl). Differentialblutbild: 28% atypische Zellen, überwiegend myelo-monozytär, blastenähnlich. Ausgeprägte Hämoglobinurie. Diagnosesicherung einer myelomonozytären AML FAB M4 an Tag 1 nach Aufnahme durch Knochenmarkpunktion.

Therapie und Verlauf: Beginn antenataler Steroidgabe mit Ziel der vorzeitigen Schnittentbindung. Tag 2: Beginn einer Chemotherapie mit Cytarabin, Hydroxycarbamid und Sorafenib nach Aderlass und Austauschtransfusion. Tag 3: Schnittentbindung eines unreifen weiblichen Neugeborenen (1410g; APGAR:7/8/9; pH 7,28). Intraoperativ DIC mit >2L Blutverlust und Schocksymptomatik sowie Hyperthermie. Differentialdiagnostisch akute Rechtsherzinsuffizienz bei Lungenarterienembolie, maligne Hyperthermie, schwere Sepsis oder Anaphylaxie. Progrediente Mikrozirkulationsstörung (insbesondere von Leber und Niere) durch Zellzerfall und Leukostase-Syndrom. ECLS-Anlage, Herzkatheter mit Lyse bei Rechtsherzbelastung und im Verlauf fulminantem letalen Multiorganversagen. Fazit: bei gestosetypischen Symptomen sollten auch seltene onkologische Erkrankungen differentialdiagnostisch einbezogen werden.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
11. Oktober 2022

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