Sportverletz Sportschaden 2017; 31(01): 25-30
DOI: 10.1055/s-0043-101967
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Verletzungen und Erkrankungen der Deutschen Mannschaft bei den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro

Sports Injuries and Illnesses of the German National Team during the 2016 Olympic Summer Games in Rio de Janeiro
Casper Grim
,
Thilo Hotfiel
,
Martin Engelhardt
,
Sydney Plewinski
,
Olav Spahl
,
Bernd Wolfarth
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
30. März 2017 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Erhebung und Beschreibung der behandlungsbedürftigen Verletzungen und Erkrankungen der Deutschen Olympiamannschaft während der Olympischen Spiele in Rio 2016 Methoden: Über ein elektronisch gestütztes Dokumentationssystem wurden die behandlungsbedürftigen Verletzungen und Erkrankungen erfasst und ausgewertet. Als Verletzung oder Erkrankung wurde jede medizinische Problematik gewertet, welche einer medizinischen Behandlung bedurfte, zu einer Behinderung des Trainings oder gar zur Verhinderung der Wettkampfteilnahme führte. Zahlreiche statistische Auswertung (z. B. Art der Verletzung/akut ober überlastungsbedingt, Art der Erkrankung, anatomische Lokalisation der Verletzung) wurden durchgeführt.

Ergebnisse Insgesamt wurden während Rio 2016 für das Deutschen Team 808 medizinische Behandlungen durchgeführt. Bei den Athleten entfielen von 283 bewegungsapparatbezogenen Behandlungen 160 auf die untere Extremität. Weitere 70 Behandlungen wurden aufgrund von Rückenproblemen durchgeführt. Es wurden 164 Behandlungen bei Infekt der oberen Atemwege durchgeführt. Hochgerechnet entfielen von der Gesamtanzahl der Behandlungen 617 pro 1000 Athleten auf Erkrankungen und 672 pro 1000 Athleten auf Störungen des Bewegungsapparates. Neben den weniger schwerwiegenden Beschwerdebildern wurden aus orthopädisch-unfallchirurgischer Sicht folgende schwere Verletzungen im Gesamtkollektiv verzeichnet: ein letales Schädel-Hirn-Trauma, ein akutes Oberschenkel-Kompartment-Syndrom, eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes (VKB) mit Innenmeniskusläsion und anterolaterale Instabilität, eine isolierte VKB Ruptur, eine basisnahe Stressfraktur des dritten Mittelfußknochens, eine laterale Band-Kapsel-Ruptur des OSG, eine Schultereckgelenkssprengung und eine infizierte Bursa präpatellaris.

Schlussfolgerungen Das genutzte Dokumentationssystem lässt sich gut und zuverlässig für ein nationales „injury und illness surveillance" bei Sportgroßveranstaltungen einsetzen. Die vorliegenden Daten sind vergleichbar mit den Ergebnissen, die während der Sommerspiele 2012 in London erhoben wurden, sodass von einer zuverlässigen Vorsorge- und Versorgungsstrategie ausgegangen werden kann. Neben der Behandlungsbedürftigkeit von Erkrankungen, die vor allem den oberen Respirationstrakt betrafen, wurden zum Teil schwere Verletzungen des Bewegungsapparates verzeichnet. Dies impliziert die Notwendigkeit der Interdisziplinarität des Betreuungsteams. Die verwendeten Methoden der Datenerfassung erlauben zurzeit keine Identifizierung von Risikofaktoren für Verletzungen und Erkrankungen und sollten zukünftig diesbezüglich erweitert werden.

Abstract

Background This article aims to survey and describe the injuries and illnesses of the German Team during the 2016 Olympic Games in Rio de Janeiro.

Methods Through an electronic documentation system, injuries and illnesses requiring treatment were recorded and evaluated. An injury or illness was defined as any physical symptom that required medical attention and impaired participation in training and/or competition. The classification distinguished between type of injury (acute or overload), region and type of illness (infections, skin, allergy, etc.).

Results A total of 808 treatments were performed on the German team during Rio 2016. Out of 283 musculoskeletal-related treatments, 160 were performed on the lower limb. 70 treatments addressed back problems. 164 treatments were performed due to upper respiratory tract infections. When extrapolated to 1000 athletes, 617 treatments were required due to illness while 672 treatments addressed musculoskeletal problems. The number of treatments for injuries and illness is almost identical. In addition to less severe problems, the following serious injuries occurred: lethal traumatic brain injury, acute thigh compartment syndrome, ACL tear with a medial meniscal lesion and antero-lateral instability, isolated ACL tear, stress fracture of the base of the third metatarsal bone, acute lateral ankle instability, AC joint dislocation, and infected bursa prepatellaris. Conclusions: The documentation system is reliable for "injury and illness surveillance" at multi-sport events. Treatment numbers are consistent with the 2012 Summer Games in London, so a reliable strategy can be assumed. In addition to illnesses predominantly affecting the upper respiratory tract, the system also recorded serious musculoskeletal injuries, which implicates the need for an interdisciplinary setup of the medical team. The methods used for data collection currently do not allow for the identification of risk factors for injuries and illness and should therefore be extended in the future.