osteopathisch Zeitschrift für Osteopathen 2017; 01(01): 56
DOI: 10.1055/s-0043-105762
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
06. Juni 2017 (online)

Gehirnhälften sprechen miteinander

Einen neuen Mechanismus bei der Entstehung von Nervennetzen hat eine Arbeitsgruppe um PD Dr. Matthias Carl vom Lehrstuhl für Zell- und Molekularbiologie der Medizinischen Fakultät Mannheim an der Universität Heidelberg entdeckt. Die Forschungsergebnisse wurden in der Zeitschrift Current Biology veröffentlicht ( http://dx.doi.org/10 1016/j.cub.2016.11 038 ).

Die meisten Nervenbahnen finden sich zweimal im Gehirn, jeweils einmal auf der rechten und der linken Gehirnhälfte. Die Entwicklung der in der Regel spiegelbildlich angeordneten Nervenbahnen scheint auf beiden Seiten sehr ähnlich zu verlaufen. Da sich die Gehirnhälften in ihrer Anatomie und Funktion in vielen Bereichen erheblich unterscheiden, ist dies jedoch nicht selbstverständlich. Wie also finden die Nervenbahnen auf ihrem oft weiten Weg durch das Gehirn zu ihrem Ziel? Und wie kann dies in beiden Gehirnhälften in ähnlicher Weise geschehen, selbst wenn diese sich voneinander unterscheiden?

Die Arbeitsgruppe um Carl hat diese Fragen am Modell des Zebrafisches erforscht. Denn durch die Transparenz der Fischembryonen konnten die Wissenschaftler die Entwicklungsprozesse im lebenden Organismus verfolgen. Dazu studierten sie das habenulare Nervennetz, das beim Menschen mit pathophysiologischen Syndromen wie Depression und Schizophrenie in Verbindung gebracht wird.

Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass beide Gehirnhälften mit einander kommunizieren müssen, damit die Nervenbahnen jeweils ihr Ziel finden. Denn auf ihrem Weg durch das Gehirn kreuzen die Bahnen ein zweites Nervennetz, das die beiden Gehirnhälften miteinander verbindet und seinen Ursprung im Gehirnbereich des Thalamus hat. Diese thalamischen Nervenzellen zeigen den habenularen Nervenzellen mit Signalen, zu welchem Zeitpunkt sie ihre Bahnen ausformen sollen.

Die Wissenschaftler stellten fest: Zerstört man die thalamischen Nerven mit einem Laser auf einer Seite des Gehirns, können die habenularen Nervenbahnen nicht mehr so synchron wachsen, und die Verbindungen zwischen den Gehirnhälften werden nicht mehr gebildet. Die Nervenbahnen auf beiden Seiten des Gehirns stellen ihr Wachstum ein. Ein Nervennetz (Habenula) benötigt also zur Ausbildung der eigenen Nervenbahnen ein zweites Nervennetz (Thalamus) für die Kommunikation zwischen beiden Seiten des Gehirns.

Bislang war eine Kommunikation von Nervenbahnen, die die Gehirnhälften miteinander verbinden, nur bei der Gehirnfunktion bekannt. Dass dies auch bei der Entstehung von habenularen Nervennetzen eine Rolle spielt, ist neu. Die Forscher halten es für gut denkbar, dass der entdeckte Mechanismus auch von anderen Nervennetzen genutzt werden könnte.

www.umm.uni-heidelberg.de