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DOI: 10.1055/s-0043-106873
Kommentar
Publication History
Publication Date:
30 May 2017 (online)
Die Flüssiglagerung von Spendererythrozyten in speziell dafür komponierten Stabilisatorlösungen (sog. Additivlösungen) wurde in den 1980er-Jahren entwickelt und ist inzwischen die transfusionsmedizinische Standardmethode zur Herstellung von Erythrozytenkonzentraten (EK). Die in Deutschland gebräuchlichen Additivlösungen (SAG-M/PAGGS-M) erlauben eine EK-Lagerung von maximal 42/49 Tagen bzw. 6/7 Wochen. Trotz der durch die Flüssiglagerung verursachten morphologischen und biochemischen Zellveränderungen liegt die Hämolyserate nach maximaler Lagerungszeit bei weniger als 0,8% der gesamten Erythrozytenmasse; 24 Stunden nach der Transfusion beträgt die Wiederfindungsrate der Erythrozyten mehr als 70% bei dann normaler weiterer In-vivo-Überlebenszeit. Neueste Forschungen zeigen aber auch, dass zwischen verschiedenen Spendern die Lagerfähigkeit von Erythrozyten unterschiedlich sein kann, was sich nach identischer Flüssiglagerung in signifikant differenten 24-h-Erythrozyten-Überlebensraten widerspiegelt. Zudem sind die zugrunde liegenden Methoden zur Bestimmung der Überlebensraten unter Verwendung von Radionuklidmarkierungen der Erythrozyten nur schwer zu standardisieren und weisen daher zumeist eine hohe Varianz der Messwerte auf. In einer experimentellen Studie (Rapido F et al. J Clin Invest 2017; 127: 375 – 382) wurden 6 Gruppen von 7 – 10 Blutspendern mit jeweils einem autologen, gelagerten EK transfundiert, das mit der in den USA üblichen Additivlösung AS-3 hergestellt wurde. In den verschiedenen Gruppen mit einer EK-Lagerungszeit von 1 – 6 Wochen zeigten sich erwartungsgemäß lagerungsbedingte Veränderungen der Präparate bei interindividuell stark schwankenden 24-h-Erythrozyten-Überlebensraten. Dabei zeigten einige Probanden aus der Gruppe mit der längsten EK-Lagerung über 6 Wochen sogar bessere Erythrozyten-Überlebensraten als Probanden aus der Gruppe mit nur 1 Woche Lagerung, was die methodische Problematik der Studie verdeutlicht. Die Veränderungen der untersuchten Parameter bei den Probanden nach Transfusion (u. a. freies Eisen und Transferrin-Sättigung) lagen ebenfalls im zu erwartenden Bereich. Die von den Autoren postulierte Notwendigkeit einer Verkürzung der EK-Lagerung auf maximal 35 Tage zur Erhöhung der Patientensicherheit kann aus diesen Studiendaten aber sicherlich nicht abgeleitet werden. Hier müsste zunächst in einem prospektiv-randomisierten Ansatz geprüft werden, ob die messbaren Veränderungen im Rahmen einer EK-Transfusion nach maximaler Lagerungszeit auch mit einer Verschlechterung von Outcome-Parametern von klinischen Transfusionsempfängern einhergeht.