PSYCH up2date 2018; 12(01): 19-33
DOI: 10.1055/s-0043-111248
Abhängigkeitserkrankungen

Cannabis-basierte Medikamente: therapeutisches Potenzial und praktische Anwendung

Kirsten Müller-Vahl

Seit Inkrafttreten des „Cannabis-Gesetzes“ im März 2017 können in Deutschland Cannabisblüten ärztlich verordnet werden. Daher stellt sich mehr als je zuvor die Frage, in welchen Indikationen Cannabis-basierte Medikamente indiziert sind. In diesem Beitrag werden neben theoretischen Grundlagen viele praktische Hinweise zur Verordnung von Cannabis-basierten Medikamenten gegeben.

Kernaussagen
  • Medizinal-Cannabisblüten sind seit März 2017 in Deutschland verschreibungsfähig.

  • Neben Cannabisblüten können auch andere Medikamente auf Cannabisbasis verordnet werden wie Dronabinol, Naximols und Nabilon.

  • Alle Cannabis-basierten Medikamente – außer reines Cannabidiol (CBD) – sind betäubungsmittelpflichtig.

  • In Deutschland sind aktuell 2 Cannabis-basierte Medikamente zugelassen: Nabiximols für die Therapie der Spastik bei Multipler Sklerose und Nabilon für die Behandlung von Übelkeit und Erbrechen unter Chemotherapie.

  • Sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, übernimmt die gesetzliche Krankenkasse – nach entsprechender Antragstellung – auch die Kosten für eine Off-Label-Behandlung mit Cannabis-basierten Medikamenten.

  • Erfolgt eine Off-Label-Behandlung mit einem Cannabis-basierten Medikament zulasten der gesetzlichen Krankenkasse, ist der behandelnde Arzt zur Teilnahme an einer Begleiterhebung verpflichtet.

  • Da Medizinal-Cannabisblüten derzeit noch zu 100% aus dem Ausland importiert werden müssen, kommt es oft zu Lieferengpässen.

  • Die Einnahme von Cannabisblüten erfolgt am häufigsten per Inhalation. Hierzu können spezielle Verdampfer (Vaporisierer) genutzt werden, um die schädlichen Effekte des Rauchens zu vermeiden.

  • Das Indikationsspektrum für Cannabis-basierte Medikamente ist unbekannt. Als gut belegte Indikationen gelten – neben den zugelassenen Indikationen – chronische (neuropathische) Schmerzen sowie Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust bei Aids. Hinweise auf eine Wirkung gibt es für zahlreiche weitere Erkrankungen, darunter Schlafstörungen, Depression und Tourette-Syndrom.

  • Cannabis-basierte Medikamente entfalten ihre Wirkung über eine Stimulation zentraler (CB1-) und/oder peripherer (CB2-)Cannabinoid-Rezeptoren.



Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
08. Januar 2018 (online)

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