Dtsch Med Wochenschr 2017; 142(20): 1560
DOI: 10.1055/s-0043-115001
Leserbrief
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Antwort

Volker Schulze
1   Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie, Herzzentrum der Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf
,
Tobias Zeus
1   Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie, Herzzentrum der Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf
,
Horst Sievert
2   Cardio Vasculäres Centrum CVC, Frankfurt
› Author Affiliations
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Publication Date:
10 October 2017 (online)

Wir danken den Kolleginnen Prof. Stöllberger und Schneider für ihr Interesse und die Kritik an unserem Artikel. Die differenzierte Betrachtung des Themas Vorhofohrverschluss ist sicher wichtig für die Entwicklung der neuen interventionellen Therapieformen in der gesamten Kardiologie. Im Folgenden möchten wir zu den aufgeworfenen Fragen Stellung beziehen.

Der Vorhofohrverschluss ist ein Verfahren, das seinen Eingang in die kardiologischen Leitlinien und die klinische Versorgung gefunden hat. Trotz einer eindeutig positiven randomisierten Studie sind die Empfehlungen weiter stark eingeschränkt auf Patienten mit Kontraindikationen zur oralen Antikoagulation (i. e. stattgehabte Blutung ohne behebbare Ursache). Die Problematik der randomisierten Studien und Registerdaten haben wir bereits diskutiert. Sicher ist die Bewertung der Datenlage durch die ESC-Leitlinien adäquat, sie entspricht auch unserer Bewertung. Sehr vereinfacht ausgedrückt: Wer neue orale Antikoagulanzien (NOAK) nehmen kann, soll antikoaguliert werden [1]. Für Patienten mit Kontraindikationen gibt es jedoch keine sinnvolle Alternative!

Die bisher fehlenden klinischen Erkenntnisse sind nicht Folge insuffizienter wissenschaftlicher Bemühungen, sondern zeitgerecht im Rahmen einer innovativen Entwicklung. Wichtig dabei ist anzumerken, dass die wesentlichen und weiterführenden Studien bereits auf dem Weg sind. Mit der ASAP-TOO-Studie kommen randomisierte Daten, die Patienten mit Kontraindikationen zur oralen Antikoagulation untersuchen [2]. Die AMULET-DIE-Studie wird randomisiert die Nichtunterlegenheit des Amulet Devices gegen den Watchman Okkluder untersuchen. Beide Studien sind über 5 Jahre geplant. Wenn diese Studien belegen, was sich in den Registern bereits gezeigt hat, werden die Leitlinien an einer klaren Empfehlung nicht vorbeikommen. Aber auch in der Zwischenzeit haben wir viele Patienten, die nicht antikoaguliert werden können. Wenn Sie bei diesen das periinterventionelle Risiko gegen die Schlaganfall- und Blutungsgefahr gegenrechnen (anhand der empfohlenen Scores), ist der Vorhofohrverschluss oft eine gute Therapieoption. Die Wahrscheinlichkeit einem Patienten durch den Vorhofohrverschluss zu schaden, ist extrem gering [3]. Die verbreitete Ansicht, NOAK in zum Teil ungetesteten Dosierungen zur Schlaganfallprophylaxe einzusetzen, ist nicht akzeptabel.

Der Vorhofohrverschluss ist heute wesentlich sicherer. Dies zeigen alle Studien und Register. Schwere Komplikationen sind heute eine Rarität. Wenn PROTECT AF heute wiederholt würde – mit den höheren Erfolgs- und niedrigeren Komplikationsraten – wäre das Ergebnis noch viel eindeutiger als es ohnehin schon war.

Es ist sehr wohl bekannt, welche Rolle kleine Lecks spielen! Schließlich war PROTECT AF trotz dieser Lecks positiv [4]. Das heißt, der positive Effekt eines Vorhofohrverschlusses überwog trotz häufiger kleiner Lecks. Große Lecks > 5 mm treten heute nur noch selten in 0,7 % der Fälle auf [3]. Kleinere Lecks führten nicht zu einer Zunahme des Schlaganfallrisikos. Beim chirurgischen Vorhofohrverschluss treten Lecks nur auf, wenn das Vorhofohr ligiert wird. Deshalb wird das Vorhofohr heute entweder reseziert oder mit einem „Stapler“ verschlossen.

Die medikamentöse Therapie nach Vorhofohrverschluss hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Nur in der PROTECT-AF-Studie und den Nachfolgestudien wurde über 6 Wochen antikoaguliert. Dies ist heute (basierend auf der ASAP-Studie und zahlreichen anderen Registerdaten) nicht mehr erforderlich [5].

Die endokrinologische Bedeutung des Vorhofohres bleibt unklar. Es gibt keinerlei Hinweise (weder in Studien noch klinischer Erfahrung), dass der Vorhofohrverschluss zu einer Zunahme einer Herzinsuffizienz führt. Im Gegensatz dazu gibt es Erkenntnisse, dass nach LAA-Okklusion weniger Vorhofflimmern auftritt [6]. Bei Kontraindikationen für eine orale Antikoagulation, halten wir den Vorhofohrverschluss für eine gute Therapieoption. Eine sorgfältige Auswahl des Patienten ist Voraussetzung [7].

 
  • Literatur

  • 1 Kirchhof P, Benussi S, Kotecha D. et al. 2016 ESC Guidelines for the management of atrial fibrillation developed in collaboration with EACTS: [...]. Eur Heart J 2016; DOI: 10.1093/eurheartj/ehw210.
  • 2 Holmes DR, Reddy VY, Buchbinder M. et al. The Assessment of the Watchman Device in Patients Unsuitable for Oral Anticoagulation (ASAP-TOO) trial. Am Heart J 2017; 189: 68-74
  • 3 Boersma LV, Schmidt B, Betts TR. et al. Implant success and safety of left atrial appendage closure with the WATCHMAN device: [...]. Eur Heart J 2016; 37: 2465-2474
  • 4 Reddy VY, Doshi SK, Sievert H. et al. Percutaneous left atrial appendage closure for stroke prophylaxis in patients with atrial fibrillation: [...]. Circulation 2013; 127: 720-729
  • 5 Bergmann MW, Betts TR, Sievert H. et al. Early Anticoagulation drug regimens after WATCHMAN Left Atrial Appendage Closure: [...]. EuroIntervention 2017; DOI: 10.4244/EIJ-D-17-00042.
  • 6 Bordignon S, Perrotta L, Dugo D. et al. Electrical isolation of the left atrial appendage by MAZE-like catheter substrate modification: [...]. J Cardiovasc Electrophysiol 2017; DOI: 10.1111/jce.13276.
  • 7 Piccini JP, Sievert H, Patel MR. Left atrialappendage occlusion: rationale, evidence, devices, and patient selection. Eu Heart J 2017; 38: 869-876