PPH 2017; 23(04): 205
DOI: 10.1055/s-0043-116125
Rund um die Psychiatrie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Für Sie gelesen: Eskritt M, Lee K. The Detection of Prosocial Lying by Children

Further Information

Publication History

Publication Date:
25 July 2017 (online)

Hintergrund: Lügen und Täuschen sind weitverbreitete Phänomene in der sozialen Interaktion und Kommunikation. Der Schwerpunkt der bisherigen Forschung konzentrierte sich auf das Phänomen des Lügens, um einen persönlichen Vorteil auf Kosten anderer zu erreichen.

Unwahrheiten werden aber auch aus anderen Gründen kommuniziert, zum Beispiel aus Angst, Furcht und Unsicherheit. Die Motivation für die sogenannten „white lies“ beruht darauf, höflich zu sein, unangenehme Realitäten zu vermeiden sowie den sozialen Frieden zu erhalten.

Die Studie beschäftigt sich insbesondere mit der prosozialen Lügenart „white lies“, um das menschliche Sozialverhalten und die Interaktion umfassender zu verstehen. Es ist bisher nur wenig über die Fähigkeiten von Kindern bekannt, prosoziale Lügen festzustellen. Der Fokus dieser Forschung ist darauf gerichtet, inwieweit Kinder und Erwachsene über die Fähigkeit verfügen, „white lies“ zu identifizieren.

Methode: An der Studie nahmen 58 Erwachsene im Alter von 18 bis 26 Jahren und 66 Kinder im Alter von sechs bis elf Jahren teil.

Ein Teil der Teilnehmer wurde gebeten, entweder die Wahrheit oder eine Lüge hinsichtlich eines begehrenswerten Objekts (zum Beispiel ein Preis oder ein Gegenstand) zu erzählen. Dies wurde auf Video aufgezeichnet.

In einem systematischen Verfahren wurden zusätzlich Folgefragen gestellt, damit der Proband das Lügenkonstrukt umfänglicher gestalten muss.

Ein anderer Teil der Probanden wurde befragt, ob sie die einzelnen Aufzeichnungen als eine wahre Aussage oder als Lüge beurteilen. Mit einer dreiteiligen Likert-Skala (geraten, nicht sicher, absolut sicher) wurde zusätzlich durch die Teilnehmer eingeschätzt, wie sicher sie sich in der Entscheidung fühlten.

Ergebnis: Kindern fällt es leichter, prosoziale Lügen anderer Gleichaltriger festzustellen, wenn sie mit Geschwistern aufgewachsen sind oder über einen größeren Freundeskreis verfügen.

Im Gegensatz dazu können Einzelgänger die Unwahrheiten anderer Kinder nur schwieriger identifizieren.

Erwachsene und Kinder können Lügen von Kindern deutlich häufiger als nur dem Zufallsprinzip entsprechend identifizieren.

Im Gegensatz zu Erwachsenen sind Kinder ebenfalls befähigt, oftmals erfolgreich zwischen wahren und unwahren Aussagen von Erwachsenen zu unterscheiden, aber tendieren fälschlicherweise dazu, wahre Aussagen von Erwachsenen als Lügen aufzufassen.

Fazit: Erwachsene und Kinder bedienen sich prosozialer Lügen.

Kindern fällt es leichter, diese in der Gruppe von Gleichaltrigen zu identifizieren, jedoch können wahre Aussagen von Erwachsenen von Kindern missinterpretiert werden.

Jörg Kußmaul