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DOI: 10.1055/s-0043-118461
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort
10 Fragen an Christiane NeumannPublication History
Publication Date:
17 October 2017 (online)
1. Was hat Sie in die Endoskopie geführt?
Der Zufall. 1969 wurde die Endoskopieschwester meines Ausbildungskrankenhauses langzeitlich krank und obwohl ich erst im 3. Ausbildungsjahr war, setzte mich der Oberarzt als „leitende“ Endoskopieschwester ein, da ich schon gelernte Arzthelferin war, technisches und organisatorisches Talent zeigte, und ich mich von keinem Arzt oder Oberin einschüchtern ließ. Die Zeit dort erweckte mein Interesse. Nach Ende der Ausbildung ging ich nach Erlangen, damals die bekannteste und innovativste Endoskopieabteilung der Welt, um dort eine formelle Endoskopieausbildung zu machen.
2. Wer oder was hat Sie in Ihrer Berufslaufbahn am meisten beeinflusst?
Mediziner, die mich gefördert haben und Talente in mir gesehen haben, die mir selbst nicht bewusst waren: in meinem Ausbildungshaus der Oberarzt, der mich in die Endoskopie holte, in Erlangen Prof. Classen, der mich für die Stelle in England vorschlug, und in England Prof. Alan Read. In England wurden mir berufliche und wissenschaftliche Bildungsmöglichkeiten geboten, die ich in Deutschland nie gehabt hätte (siehe Biografie).
3. Wie beginnen Sie Ihren Arbeitstag … und wie beenden Sie ihn?
Mein Arbeitstag begann und endete, wenn alle anderen noch nicht angefangen oder schon nach Hause gegangen waren. Dadurch hatte ich Ruhe und Zeit, den Papierkram ohne Störungen abzuwickeln. Das hat den klinischen Arbeitstag weniger stressvoll gemacht. Als Ausgleich für die unbezahlten Überstunden war mein Arbeitgeber sehr großzügig, wenn es um Konferenzbesuche, Fortbildung und Autonomie in der Abteilung ging.
4. Was kann Sie bei der Arbeit so richtig auf die Palme bringen?
Unachtsamkeit und Leichtsinn – in Pflege, Hygiene sowie Umgang mit Patienten und Kollegen.
5. Welches Gerät müsste man einmal erfinden?
Ich hasse den Prozess des Reisens. Es müsste eine Zeitmaschine geben, die einen von einem Ort zum anderen innerhalb einer Sekunde transportiert. „Beam me up Scotty“ (siehe Star Trek)
6. Mit wem würden Sie gerne einen Tag den Arbeitsplatz tauschen?
In Deutschland mit dem Gesundheitsminister, um zu sehen, ob sich an dem Ansehen des deutschen Pflegeberufes etwas machen lässt. In England mit der Premierministerin, damit sie sieht und fühlt, wie sich die Atmosphäre seit dem Brexit für EU-Einwanderer negativ verändert hat.
7. Was war der mutigste Moment in Ihrem Leben?
Als ich mit 22 Jahren in ein anderes Land ging, um eine Endoskopieabteilung aufzubauen, ohne die Landessprache zu sprechen. Ich musste vom ersten Tag an voll arbeiten, die Abteilung einrichten und organisieren, Personal anlernen und nach 3 Monaten meinen ersten Vortrag in englischer Sprache auf einer Ärztekonferenz geben.
8. Mit welcher Person der Weltgeschichte würden Sie gerne einen Kaffee trinken?
Florenz Nightingale, die durch ihre systematische Datensammlung und statistischen Auswertungen die daraus entstandene moderne, ausgebildete Pflege respektable und anerkannt machte. Durch ihre sozialen Studien und Analysen hatte sie Einfluss auf Politiker. Trotz anhaltender Krankheit schrieb sie über 200 Bücher/Hefte und 14 000 Briefe an einflussreiche Leute. Durch die seit 1919 gesetzliche Registrierung wurde der Pflegeberuf respektabel und berufsautonom. Vertreter des Pflegeverbandes und Pflegepersonal der Kliniken werden regelmäßig von der Presse und dem Fernsehen interviewt, wenn es um Pflege, Personalmangel usw. geht (nicht Ärzte). Florenz Nightingale selbst hat ihre Ausbildung in Deutschland von Lutheranern Diakonissen in der Kaiserswerther Diakonie erhalten. Ihr erstes Buch dokumentiert ihre Erfahrungen dort.
9. Welche Gabe würden Sie gerne besitzen?
Menschen glücklich zu machen.
10. Welchen Wunsch möchten Sie sich in Zukunft erfüllen?
Da ich nicht jünger werde, wird die Autofahrt von England nach Deutschland schwieriger werden. Daher werde ich wahrscheinlich einer der ersten Besitzer eines Self-drive-Autos werden.
Die Fragen stellte Ute Pfeifer.
Christiane Neumann ist offiziell in Rente, arbeitet aber gelegentlich noch als Ethikberaterin eines Europäischen Krebsforschungsnetzwerkes und als Fachdozentin für Wissenschaftsethik an der Medizinischen Fakultät der Birmingham University. Sie wurde in Deutschland als Arzthelferin, Diplomkrankenschwester und Endoskopiefachschwester ausgebildet und 1972 nach England berufen, um die erste Endoskopieabteilung des Landes aufzubauen. Sie ist Gründungsmitglied und ehemalige Präsidentin der Englischen und der Europäischen Fachgesellschaft für Endoskopiepflegepersonal und etablierte mit Gleichgesinnten in England den Endoskopiefachkurs sowie die nationale Anerkennung des Fachberufes. Für ihre berufspolitische Arbeit wurden ihr die Ehrenmitgliedschaft der Amerikanischen und der Europäischen Fachgesellschaften für Endoskopiepflegepersonal verliehen. Sie wurde als erste Schwester mit der Ehrenmitgliedschaft der britischen Gastroenterologischen Ärztegesellschaft geehrt. Sie hat fünf berufsbegleitende Studiengänge in medizinischer Wissenschaft, Medizinethik und Recht, wissenschaftlichen Methoden und Statistik sowie Pflegewissenschaften und Erwachsenenpädagogik abgeschlossen. Mehr als 30 ihrer wissenschaftlichen Arbeiten wurden in medizinischen Fachzeitschriften veröffentlicht.