Zusammenfassung
Hintergrund Methamphetamin gehört zu den meist konsumierten illegalen Drogen weltweit. In Deutschland weist der Konsum in den letzten Jahren hohe Steigerungsraten im Vergleich zu anderen Suchtmitteln auf. Insbesondere Mitteldeutschland ist von einem starken Konsumanstieg betroffen. Internationale Studien zeigen, dass beim Methamphetaminkonsum keine Begrenzung auf bestimmte Personengruppen feststellbar ist und riskante Konsummuster in verschiedenen sozialen Gruppen zu finden sind. Ziel der vorliegenden Studie ist es, zu explorieren, mit welchen Konsumentengruppen und -motiven von Methamphetamin die Experten der verschiedenen Beratungs- und Behandlungseinrichtungen konfrontiert sind und worin sie sich von anderen Suchterkrankten unterscheiden.
Methode Die empirische Datenerhebung erfolgte in einem konsekutiven, 2-stufigen Verfahren. Zunächst wurden in 39 semi-strukturierten Einzelinterviews die Erfahrungen und Perspektiven der befragten Experten aus unterschiedlichen Versorgungsbereichen exploriert. Anschließend wurden die Ergebnisse der Einzelinterviews in 2 professionsübergreifenden Fokusgruppen diskutiert und validiert. Alle Interviews und Fokusgruppendiskussionen wurden digital aufgezeichnet, transkribiert und mithilfe des Auswertungsverfahrens nach Meuser & Nagel analysiert.
Ergebnisse Es konnten 3 prägnante Konsumentengruppen identifiziert werden: (1) Eltern mit Kindern, Schwangere und Frauen, (2) junge Konsumenten bzw. „Früheinsteiger“ sowie (3) ältere Konsumenten bzw. „Späteinsteiger“. Als Hauptmotiv für den Methamphetaminkonsum beschreiben die Experten die Leistungssteigerung. Weitere Konsummotive sind z. B. die Bewältigung verschiedenster Belastungssituationen, das Ermöglichen bzw. Verbessern von sexuellen Erlebnissen, die Selbstwertsteigerung, Krisen- und Traumabewältigung, Selbstmedikation, der Konsum aus Neugierde sowie zur Freizeitgestaltung.
Diskussion/Schlussfolgerung Übereinstimmend mit internationalen Befunden zeigen die vorliegenden Ergebnisse, dass es unter den Crystal Meth Konsumenten verschiedene soziale Gruppen und breit gefächerte Motivlagen gibt, die sich teils von Konsumenten anderer illegaler Substanzen unterscheiden. So kommen z. B. junge, alleinerziehende Mütter sowie Schwangere vergleichsweise häufig vor. Für die Beratungs- und Behandlungsangebote bedeutet dies, sich künftig diesen Konsumgruppen und -motiven anzupassen und Versorgungsangebote bedarfsorientiert auszubauen, z. B. mit mehr familienorientierten Maßnahmen für suchterkrankte Eltern. Zudem gilt es, die Erreichbarkeit der Betroffenen künftig zu verbessern, u. a. mittels flexiblerer Beratungszeiten im ambulanten Bereich.
Abstract
Background Methamphetamine is one of the most consumed illegal drugs worldwide. In Germany, Methamphetamine shows the highest rates of growth in comparison to other illegal substances in recent years. Particularly Central Germany has been struck by a high rise in consumption. International studies indicate that there is no specific group of people that can be identified as Methamphetamine users. Different consumption patterns in terms of Methamphetamine use can be identified within various social groups. This qualitative study will explore different consumer groups among methamphetamine users, their motives, and how they differ by drug addiction type.
Methods The empirical data collection was carried out in a consecutive 2-stage process. Initially, 39 semi-structured individual interviews with experts from different clinical areas were carried out about their experience and perspectives on Methamphetamine use. The results of the individual interviews were subsequently discussed and validated within 2 interdisciplinary focus groups. All interviews and focus groups were digitally recorded, transcribed and analyzed according to the method of Meuser & Nagel.
Results Altogether, 3 consumer groups were identified: (1) Young parents, women and pregnant women, (2) young drug users and early adapters and (3) older drug users or late entrants. The guiding motive in terms of Methamphetamine use described by the experts was improved efficiency. Further motives are for instance overcoming stressful situations, enablement and improvement of sexual experiences, self-esteem enhancement, coping with crisis or trauma, curiosity and drug use as leisure time activity.
Discussion/conclusion The results in terms of consumer groups and consumption motives are consistent with international findings and we were able to verify and expand them for Central Germany. The outcomes illustrated that there are different consumer groups among methamphetamine users that differ from consumer groups of other drug addiction types. Treatment and consultation have to anticipate these challenges and adapt their strategies to different needs. Finally, further improvement of accessibility for those affected persons is an imperative to the German healthcare system.
Schlüsselwörter
Methamphetamin - qualitative Studie - Experteninterviews - Konsumentengruppen und -motive
Key words
methamphetamine - qualitative study - expert interviews - consumer groups and motives