Der Klinikarzt 2017; 46(11): 534
DOI: 10.1055/s-0043-121495
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Gastrointestinale Onkologie

Dieter Schilling
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Publication Date:
15 November 2017 (online)

Die im Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland für das Jahr 2013 dokumentierten Daten zeigen, dass gastrointestinale Tumoren mit einer Gesamtzahl von über 115 000 Fällen nahezu ein Viertel aller über 480 000 dokumentierten Malignome ausmachen und damit eine bedeutsame Entität in der Onkologie darstellen [1]. Und auch für die Gastroenterologie ist die gastrointestinale Onkologie ein wichtiges Gebiet, das in der Ausbildung auf keinen Fall zu kurz kommen darf, auch wenn viele Gastroenterologen in der Niederlassung dieses Feld nicht bearbeiten. Unsere Fachgesellschaft ist im Feld der gastrointestinalen Onkologie aktiv und das ist aus meiner Sicht für die Versorgung unserer Patienten ein wichtiger und richtiger Schritt, sind wir Gastroenterologen es doch, die die Organkompetenz in die therapeutischen Optionen einbringen.

Bei vielen gastrointestinalen, nicht kurativ angehbaren Tumoren ist am Ende die Metastasierung des Peritoneums der Faktor, der vor allem die Lebensqualität deutlich beeinträchtigen kann, und die Patienten in der letzten Phase ihres Lebens durch die Unfähigkeit einer regulären oralen Nutrition und auch durch die diffusen abdominellen Schmerzen enorm beeinträchtigt. Ob die Hypertherme Intraperitoneale Chemoperfusion (HIPEC) hier in frühen Phasen der peritonealen Metastasierung einen Benefit für unsere Patienten bringt, das wird einer der erfahrensten Chirurgen auf diesem Gebiet diskutieren. Der Aufwand ist sehr groß. Die Patienten müssen in einer guten Performance sein und die Frage ist, gibt es wirklich genügend kontrollierte Daten, die dieses aufwändige Verfahren rechtfertigen [2]. Gibt es Unterschiede bei verschiedenen Organmanifestationen des Tumors? Sollen unsere Patienten in zertifizierten Zentren behandelt werden?

Die Personalisierte Medizin stellt einen Meilenstein in der Entwicklung der modernen Onkologie dar. Diese ist möglich geworden durch Erstellung eines sicherlich nach wie vor sehr unvollständigen molekularen Profils des Tumors [3]. Omik-Technologen, allen voran die „next-generation sequencing, NGS“ werden mit großer Erwartungshaltung beobachtet, man spricht vom molekularen Tumorboard. Fakt oder Vision, wie ist der aktuelle Stand, auch darauf werden wir in dieser Ausgabe des klinikarzt aus berufenem Munde eingehen.

Gerade die Möglichkeit der detaillierten molekularen Charakterisierung der Tumoren hat zu erheblichen prognostischen Fortschritten vieler Tumorerkrankungen geführt und stellt uns vor die Herausforderung, chronisch tumorkranke Menschen über Jahre zu behandeln. Die psychoonkologische Betreuung und Beratung in sozialen Fragen sind somit essenzielle Bausteine moderner multimodaler, erfolgreicher Tumortherapien. Dank der Zertifizierung der Organkrebszentren gibt es einigermaßen einheitliche Vorgaben der Versorgung während der Akuttherapie. Wie sieht die Versorgung im Alltag aus? Was brauchen wir an Versorgungsstrukturen, um dem sicherlich schon bestehenden und noch zunehmendem Bedarf gerecht zu werden? Wie weit sind wir von einer Realisierung des „early palliative care“-Konzeptes entfernt? Dieses Konzept, von dem wissenschaftliche Daten zeigen, dass weniger Therapien kurz vor dem Lebensende erfolgen, weniger Depressionen beobachtet werden und vor allem ein längeres Überleben erreicht wird, was gar nicht Ziel der Studie war [4].

Krebsüberleber werden häufiger, was passiert mit ihnen? Wie ändert sich die Gesundheitsfürsorge bei diese Menschen, worauf müssen wir achten ? Auch dies ist ein Aspekt in der onkologischen Therapie und natürlich auch in der gastrointestinalen Onkologie [5]. Wir haben uns als Gastroenterologen sehr um die Sekundärprävention des Kolorektalen Karzinoms bemüht, jetzt gilt es, auch die Tertiärprävention mit in unseren Fokus aufzunehmen.

Ich wünsche Ihnen eine anregende und spannende Lektüre unserer Ausgabe „Gastroenterologische Onkologie“.

 
  • Literatur

  • 1 Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland 2016. Robert Koch-Institut; Berlin: November 2016
  • 2 Al-Shammaa HA, Li Y, Yonemura Y. Current status and future strategies of cytoreductive surgery plus intraperitoneal hyperthermic chemotherapy for peritoneal carcinomatosis. World J Gastroenterol 2008; 14: 1159-1166
  • 3 Redig AJ, Jänne PA. Basket trials and the evolution of clinical trial design in an era og genomic medicine. J Clin Oncol 2015; 33: 975
  • 4 Haun MW, Estel S, Rücker G. et al. Early palliative care for adults with advanced cancer. Cochrane Database Syst Rev 2017; Jun 12 6
  • 5 Sautier L, Mehnert A, Höcker A. et al. Participation in patient support Gropus among cancer survivors: Do psychosocial and medical factors have an impact?. Eur J Cancer Care 2014; 23: 140-148