Klin Padiatr 2018; 230(01): 31-38
DOI: 10.1055/s-0043-121991
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Methamphetaminkonsum während der Schwangerschaft und dessen Auswirkungen auf das Neugeborene

Methamphetamine Consumption During Pregnancy and its Effects on Neonates
Alina Pflügner
1   Department für Frauen- und Kindermedizin, Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche Leipzig
,
Ulrich Thome
2   Selbstständige Abteilung für Neonatologie, Department für Frauen- und Kindermedizin, Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche Leipzig
,
Matthias K. Bernhard
3   Neuropädiatrie, Department für Frauen- und Kindermedizin, Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche Leipzig
,
Mandy Vogel
1   Department für Frauen- und Kindermedizin, Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche Leipzig
,
Annett Bläser
2   Selbstständige Abteilung für Neonatologie, Department für Frauen- und Kindermedizin, Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche Leipzig
,
Petra Nickel
1   Department für Frauen- und Kindermedizin, Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche Leipzig
,
Wieland Kiess
1   Department für Frauen- und Kindermedizin, Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche Leipzig
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Publication Date:
28 November 2017 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund Methamphetamin (MA) gehört zu den meistgebrauchten illegalen Substanzen in der Schwangerschaft. Wir untersuchten die Effekte auf den Gestationsverlauf und die Gesundheit der Neugeborenen. 2004–2015 wurden im Universitätsklinikum Leipzig 102 Fälle von Neugeborenen dokumentiert, deren Mütter pränatal MA konsumierten.

Methoden In einer retrospektiven kontrollierten Studie wurden die Auswirkungen des pränatalen MA-Konsums auf das Neugeborene untersucht. Inhalt der Analyse waren u. a. Zeitpunkt der Schwangerschaftsfeststellung, Anzahl besuchter Vorsorgeuntersuchungen, Körpermaße der Neugeborenen, Dauer des postnatalen Krankenhausaufenthalts, Häufigkeit von Frühgeburten, auftretende Fehlbildungen und Symptome des NAS.

Ergebnisse Die Zahl MA-belasteter Neugeborener steigt seit einigen Jahren an. Bei der Mehrzahl der Konsumentinnen wurde die Gravidität im 2. Trimenon festgestellt; sie nahmen durchschnittlich 4 Vorsorgeuntersuchungen wahr. Die Zahl der Frühgeburten ist bei belasteten Kindern doppelt so hoch. Intrauterine Wachstumsretardierungen, Cardiopulmonale Adaptationsstörungen, Vitien und ein schlaffer Muskeltonus sind signifikant häufiger. Die mediane postnatale Verweildauer beträgt 10d (KG:5d). 44% der Kinder wurden in Obhut genommen (KG:0,98%). Der Altersmedian der Erstgebärenden beträgt 22,5a (KG:30a), 4,9% sind verheiratet (KG:38%). 57 der 102 Frauen sind arbeitslos oder -suchend.

Schlussfolgerung Die Auswirkungen des pränatalen MA-Gebrauchs erfordern multiprofessionelle Teamarbeit, um den Konsum frühzeitig zu detektieren, Nebenwirkungen vorzubeugen, die Kinder adäquat medizinisch zu behandeln und die Familien psychologisch und sozial zu unterstützen.

Abstract

Objective Methamphetamine (MA) has become one of the most commonly used illegal drugs during pregnancy. We sought to determine how MA abuse modifies pregnancy outcomes and the health of the newborn infants. Patients 102 newborns from mothers with antenatal MA consumption were admitted to the University Hospital Leipzig from 2004–2015.

Methods The effects of MA abuse on pregnancy outcomes and neonates were researched in a retrospective controlled study. We analysed the date of pregnancy detection, number of antenatal preventive examinations, body measurements of the neonates, duration of hospitalization, rate of preterm infants, congenital malformations and symptoms of neonatal abstinence syndrome.

Results The majority of pregnancies of MA abusing women were diagnosed during the 2. trimester and they had a median of 4 prenatal care visits. The group of MA exposed neonates includes twice as many preterm neonates as the control group (MA:20,6%; CG:10,7%). The consumption was associated with intrauterine growth restriction, an increased incidence of poor cardio respiratory adaptation, cardiac defects and a floppy muscle tone. The median time of hospitalization was 10d as compared to a control group (CG:5d). Special care was needed in 44% of the neonates (CG:0,98%). The median age of primiparous women was 22.5 yr (CG:30 yr), 4.9% were married (CG:38%). 57 of 102 women were unemployed.

Conclusion Because of the adverse effects of perinatal MA abuse a multidisciplinary team is necessary to detect the consumption, to alleviate side effects and to provide efficient medical care for the newborns. Psychological and social support for the families are also important.