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DOI: 10.1055/s-0043-123453
Oxford – Internationale Balint Konferenz, 06.–10.09.2017: Vielfalt erforschen
Oxford – International Balint Conference, 06.–10.09.2017: Exploring diversityPublication History
Publication Date:
20 December 2017 (online)
![](https://www.thieme-connect.de/media/balint/201704/lookinside/thumbnails/5268258_10-1055-s-0043-123453-1.jpg)
Seit Studienzeiten sehnte ich mich danach, einmal Oxford zu erleben. Vom 6.–10. September 2017 fand der 20. Kongress der Internationalen Balintgesellschaft im Keble-College dort statt, ausgewählt weil es eines der größeren ist und uns alle ca. 200 Teilnehmende aus 29 Ländern - beherbergen konnte, sowie einen eigenen neuen großen Vorlesungssaal besitzt.
Wie ein Elitestudent zu essen in der großen feierlichen Hall war schon etwas sehr Besonderes und verpflichtete, auch wie Elitestudenten zu lernen. Und so war auch das Programm dicht gefüllt mit Balintgruppen natürlich, jeweils mit 2 Leitern verschiedener Nationalität, dazu kam noch für jeden wählbar aus 8 verschiedenen Themen ein 1maliger Workshop, und dann täglich mehrere hochinteressante Vorträge über Erfahrungen und Forschungen mit und über Balintarbeit in verschiedenen Ländern, wie z. B. Österreich, Pakistan, Israel, Rußland, Schweden, USA, Australien ( dort eine Internet-Gruppe! ). Das Thema „Exploring diversity“ wurde auf diesem Kongreß theoretisch erörtert und praktisch gelebt. Bis spät in den Abend, wo noch Filme zum Thema liefen, 1mal Tanz mit Life-Musik ermöglicht wurde und wer es noch schaffte: urige Pub-Besuche um die Ecke stattfinden konnten.; nicht zu vergessen das Bläser-Quartett-Konzert in der sehenswerten Chapel, die einen in ihrer Größe und Schönheit auch wieder zur Bescheidenheit rief, ebenso wie die Hall, in der jede Nationalität am Abschlußabend „etwas singen durfte“, worin sich dann auch wieder eine wunderbare, auch humorvolle Vielfalt zeigte.
In einem Vortrag lernte ich ein neues Wort, das es auch im Deutschen gibt: serendipity – ein glücklicher Zufall. Der ganze Kongreß war für mich ein serendipity und hatte die Atmosphäre der Leichtigkeit trotz wirklich oft schwerer belastender Themen - es spiegelte sich im Kongreß das bekannte Phänomen der Balintgruppen: durch das freie Sich-Zeigen-Dürfen in vertrauensvoller Umgebung, sich getragen fühlen können und dadurch Leichtigkeit in der Bemühung mit großer Effektivität und oft überraschenden Erfahrungen zu erleben.
Großer DANK den englischen Gastgebern, die hier als hervorragende „ facilitators“ (auch ein Wort, das ich hinzu lernte, an Stelle von „group-leader“ und eigentlich passender und mir sympathischer) gewirkt haben, ( schon bei der Anmeldung kollegiale persönliche Rückmeldungen )!
EMPFEHLUNG an alle Balint-Interessierte: jeder Arzt (auch wenn bisher Balint-unerfahren und hier in England sogar auch andere medizinische Berufe) – kann teilnehmen. Der internationale Kongreß ist keine exklusive Veranstaltung für Erfahrene, sondern, wie aus der deutschen Gesellschaft uns schon bekannt, er schafft eine aufgeschlossene annehmende Atmosphäre, in der alle Teilnehmenden als Lernende und Lehrende im Erfahrungsaustausch erwünscht sind. Und: wer in seinem Heimatland eine Gruppe leitet, kann das auch auf dem Internationalen Kongreß, wenn er/sie möchte und sich genügend sicher im Englischen fühlt ( vergleiche die genügend gute Mutter- die genügend gute Gruppe! ).
Die nächste internationale Konferenz wird in 2 Jahren in Porto/Portugal stattfinden - es lohnt sich, das Datum (September 2019) schon jetzt vorzumerken!
Dort wird dann allerdings die sehenswerte Ausstellung des M.Balint-Archivs mit vielen persönlichen und fachlichen Briefen und Dokumenten ( Michael Balint selbst als Beispiel für einen multi-kulturellen, polyglotten Menschen, der viele Unterschiedlichkeiten in sich vereinte) wohl nicht zu sehen sein – oder doch? Die Erforschung seiner Korrespondenz ist ja noch nicht ganz ausgeschöpft, wie es in dem interessanten Jubiläumsvortrag anklang.
Dort wird bestimmt nicht ein irischer Geschichtenerzähler zum Auftakt erscheinen, aber sicher eine andere Überraschung!