Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2018; 13(05): 436-442
DOI: 10.1055/s-0044-101720
SOP / Arbeitsablauf
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

SOP Periprothetische und implantatassoziierte Infektionen

Johannes Harbering
,
Gerhard Walter
,
Matthias Kemmerer
,
Reinhard Hoffmann
Further Information

Publication History

Publication Date:
21 September 2018 (online)

Die periprothetische Infektion (PPI)

Epidemiologie

In Deutschland werden jährlich ca. 390 000 endoprothetische Eingriffe an Knie- und Hüftgelenken durchgeführt [3]. Ein endoprothetischer Schultergelenkersatz wird in Deutschland etwa 3000-mal pro Jahr durchgeführt. Exakte Zahlen zum endoprothetischen Gelenkersatz von Ellbogen- und Sprunggelenken liegen nicht vor. Bei 1 – 2% aller Primärimplantationen kommt es zu einer bakteriellen Besiedlung des Implantats [1]. Bei Revisionseingriffen liegt die Inzidenz deutlich höher. Aufgrund der weiterhin hohen Rate an endoprothetischen Eingriffen mit längeren Prothesenstandzeiten ist mit einer Zunahme der Inzidenz der PPI zu rechnen.


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Pathophysiologie

Viele Erreger produzieren einen Biofilm auf der Oberfläche von Implantaten, der sie vor der körpereigenen Abwehr und verabreichten Antibiotika schützt und die Behandlung massiv erschwert [8]. Die PPI stellt eine ernste Komplikation nach Durchführung eines endoprothetischen Gelenkersatzes dar. Die Patienten sind infektgeschwächt, teilweise schmerzgeplagt, immobilisiert und die erforderlichen Eingriffe sind belastend. Die relative 5-Jahres-Überlebensrate der PPI am Hüftgelenk wird mit 74% angegeben [10].


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Klassifikation

Es werden verschiedene Formen der PPI unterschieden. Tsukayama et al. grenzen die Früh- und Spätinfekte, bei denen eine Kontamination bei der Primärimplantation auftritt, von hämatogen erworbenen PPI ab [9]:

Beim Frühinfekt kommt es innerhalb der ersten vier Wochen nach Primärimplantation der Endoprothese zur Ausprägung klinischer und laborchemischer Infektzeichen. Ein Spätinfekt liegt dann vor, wenn die Infektion erst nach den ersten vier Wochen manifest wird. Sowohl beim Frühinfekt als auch beim Spätinfekt wird als Ursache eine Keiminokulation im Rahmen der Primärimplantation angesehen.

Davon abzugrenzen ist die hämatogene PPI. Diese liegt vor, sofern die Prothesenimplantation mehr als zwei Jahre zurückliegt. Bei der hämatogenen PPI ist eine Besiedlung der Prothese durch eine Bakteriämie im Rahmen von z. B. Zahnbehandlungen, koloproktologischen Eingriffen oder Allgemeininfekten möglich. Daher ist eine umfassende Anamnese essenziell.

Eine bakterielle Besiedlung der Prothese kann durch verschiedene Erreger hervorgerufen werden. Je nach Erregerart und Abwehrlage des Patienten kann es zu einer sog. High-Grade-Infektion mit ausgeprägtem klinischem Erscheinungsbild kommen. Bei Low-Grade-Infektionen klagen die Patienten über unspezifische Symptome. Äußere Zeichen einer Infektion können bei diesen Patienten gänzlich fehlen.


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Diagnose

Anamnese

Eine sorgfältige Erhebung der Krankengeschichte stellt den ersten und wichtigsten Baustein bei der Diagnosestellung einer PPI dar. Dabei sollte mit der allgemeinen Anamnese begonnen werden. Es folgen die Medikamenten- und die vegetative Anamnese. Dadurch können individuelle Risikofaktoren für eine PPI erkannt werden.

Bei dem klinisch meist leicht zu diagnostizierenden Frühinfekt liegt das Augenmerk neben der Allgemeinanamnese auf der spezifischen perioperativen Anamnese der vorangegangenen Eingriffe. Da die Diagnosestellung von Spätinfekten schwierig sein kann, muss neben der allgemeinen Anamnese auch eine vegetative Anamnese erhoben werden. Häufig liegen Low-Grade-Infektionen vor, bei denen eine B-Symptomatik mit seit Monaten bestehenden nächtlichen Schmerzen oder febrilen Phasen vorliegen kann.

Bei Vorliegen einer hämatogenen PPI gilt es, das auslösende Ereignis für die Infektion zu identifizieren. Dabei sollte erfragt werden, ob in den vergangenen Wochen Allgemeininfekte vorlagen oder ob andere Operationen vorangingen. Insbesondere Eingriffe an keimbesiedelten Körperregionen (Mund, Darm, Nasen-Rachen-Raum) stellen ein Risiko dar.

Eine Revision sollte nicht ohne Kenntnis der alten Operationsberichte und des genauen Prothesenmodells erfolgen. Fehlende Instrumente müssen präoperativ beschafft werden.

Praxis

Allgemeinanamnese

Erfragen von Risikofaktoren: Rauchen, Alkohol, Diabetes, immunsupprimierende Therapie (z. B. Rheumatiker), konsumierende Erkrankungen, kürzlich durchgeführte Operationen keimbesiedelter Regionen (Darm, Mundhöhle, Nasen-Rachen-Raum).

Vegetativanamnese

Gewichtsverlust, Fieber, Nachtschweiß, Appetitlosigkeit, Schlafstörungen.

Prothesenanamnese

  • Wann wurde die Prothese implantiert?

  • Wurden vor Prothesenimplantation bereits andere Eingriffe an dem Gelenk durchgeführt?

  • Wie war der postoperative Verlauf (prolongierte Rehabilitation, persistierender Erguss und Schmerzen)?

  • Wurden weitere Eingriffe im Rahmen der Endoprothesenimplantation durchgeführt (Spülungen, Punktionen)?

  • Wurden bereits Komponenten der primär implantierten Prothese gewechselt?

  • Welches Prothesenmodell wurde implantiert (Implantatpass)?


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Klinische Untersuchung

Bei der klinischen Untersuchung müssen auch die angrenzenden Gelenke einer Funktionsprüfung unterzogen werden. Hautläsionen als mögliche Eintrittspforten sind zu dokumentieren. Bei einem Frühinfekt oder einem hämatogenen Infekt kann Fieber vorliegen. Es imponiert häufig ein pathognomonischer Lokalbefund. Dabei bestehen aufgrund eines begleitenden Ergusses meist Schmerzen bei Bewegung des Gelenks. Es kommt häufig zu einer flächigen lokalen Hautrötung und zu einer Induration des Subkutangewebes, die bis zur Fistelbildung in der Operationsnarbe als Locus minoris resistentiae führen kann.

Sofern bei chronischen PPI keine Hautfistel vorliegt, ist der Lokalbefund meist nicht eindrücklich. Ein Stauchungs- oder Rüttelschmerz kann auf eine Prothesenlockerung hinweisen. Lokale Entzündungszeichen können jedoch auch vollständig fehlen.

Neben einer Fotodokumentation alter Narben sollten der Puls- und der neurologische Status erhoben werden.

Praxis

Befunderhebung

Dokumentation von Narben, Funktionsprüfung des Gelenks (ROM), Pulsstatus, Reflexstatus, Sensibilität, Muskelminus, Gangbild, Hautläsionen.


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Labordiagnostik

Um den Verdacht auf eine PPI zu erhärten, ist die Blutuntersuchung elementar. Da bei chronischen Entzündungen häufig eine Eisenmangelanämie vorliegt, kann diese bei Spätinfekten ebenfalls auftreten. Eine Leukozytose kann bei periprothetischen Frühinfekten und hämatogenen PPI vorliegen. Bei der chronischen PPI kann sie aber fehlen.

Das C-reaktive Protein (CRP) als Akute-Phase-Protein weist auf eine Entzündung hin, ist jedoch wie alle zu erhebenden Laborparameter unspezifisch. Daher ist nicht der absolute CRP-Wert ausschlaggebend, sondern vielmehr dessen Verlauf. Bei der primären Prothesenimplantation kommt es durch das Operationstrauma immer zu einem passageren CRP-Anstieg, der sich jedoch im Verlauf wieder langsam normalisieren sollte. Sofern sich wenige Tage nach der Primärimplantation der CRP-Wert bereits rückläufig zeigte, ist bei einem danach auftretenden Anstieg Vorsicht geboten.

Sollte es im Rahmen einer akuten PPI zu einer Sepsis kommen, kann diese durch Bestimmung des Procalcitonins quantifiziert werden.

Neben diesen für die Diagnosestellung des PPI wichtigen Laborparametern sollten außerdem die Blutgerinnung, die Nieren- und Leberfunktion und die Elektrolyte kontrolliert werden.

Praxis

Labordiagnostik

  • Blutbild: Hämoglobin mit Erythrozytenindizes, Leukozyten, Thrombozyten

  • Klinische Chemie: CRP, Leber- und Nierenfunktion mit Retentionsparametern, Elektrolyte

  • Gerinnung: INR/Quick; Cave: meist keine wesentliche Beeinflussung bei neuen oralen Antikoagulanzien

  • Bestimmung der Blutgruppe, Bereitstellung von Erythrozytenkonzentraten


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Bildgebende Untersuchung

Sonografie. Die Ultraschalluntersuchung dient dem Nachweis von Ergussbildungen und relevanten postoperativen Hämatomen. Sie weist eine hohe Sensitivität auf, ist jedoch unspezifisch.

Röntgenuntersuchung. Durch eine Röntgenuntersuchung des entsprechenden Gelenks kann die Lage der Implantate beurteilt werden. Außerdem können bei chronischen PPI Lockerungszeichen und Osteolysen dargestellt werden. Bei chronischen PPI ist insbesondere der Vergleich mit vorherigen Röntgenaufnahmen interessant. Radiologische Zeichen einer Implantatlockerung sind in der Praxis-Box aufgeführt.

Praxis

Radiologische Hinweise auf eine periprothetische Infektion ([Abb. 1]):

  • periprothetische Osteolysen

  • Implantatmigration (z. B. Sinterung des Schaftes)

  • Kortikalisreaktionen

  • heterotope Ossifikationen

Zoom Image
Abb. 1 Periprothetische Infektion. Radiologische Hinweise.

Computertomografie. Sie eignet sich ergänzend zur Röntgenuntersuchung zur detaillierten Beurteilung knöcherner Strukturen. Sie hat vor allem in der Beurteilung des Pfannenhintergrunds periprothetischer Hüftinfektionen einen Stellenwert. Durch sie kann analysiert werden, ob ggf. Spezialimplantate für eine Reimplantation nach Infektberuhigung notwendig werden. In der Primärdiagnostik ist jedoch eine konventionelle Röntgendiagnostik ausreichend.

Skelettszintigrafie. Sie kann Hinweise auf eine LowGrade-Infektion oder chronische Lockerung erhärten, ohne jedoch eine Differenzierung zu erlauben. Sie hat ebenfalls keinen Stellenwert in der Primärdiagnostik eines Frühinfekts, kann jedoch die Diagnose einer chronischen Infektion unterstützen. Aufgrund einer mangelnden Beurteilbarkeit und Aussagekraft im ersten Jahr nach primärer Prothesenimplantation sollte sie in diesem Zeitraum nicht angewandt werden [5].

Magnetresonanztomografie (MRT). Sie findet in der Diagnostik periprothetischer Infektionen kaum Anwendung. Da Endoprothesen überwiegend aus Metall bestehen, entstehen im Rahmen der MRT-Untersuchung viele Artefakte. Auch ein artefaktreduziertes MRT lässt keine sichere Aussage über die Genese einer periimplantären Flüssigkeitsansammlung zu. Die Kernspintomografie mit Gabe von Kontrastmittel kann jedoch nach Explantation einer Endoprothese und Beruhigung des Infekts Aufschluss über ein mögliches Infektrezidiv geben.


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Materialgewinnung (Mikrobiologie/Histologie)

Entscheidend für Diagnosestellung und Therapie ist die mikrobiologische Untersuchung. Eine Materialgewinnung kann durch eine Gelenkpunktion erfolgen. Um eine Keiminokulation durch die Haut zu vermeiden, sollte eine Stichinzision erfolgen, durch die die eigentliche Punktionskanüle in das Gelenk vorgeschoben wird. Eine vorherige Lokalanästhesie sollte nicht intraartikulär, sondern streng subkutan erfolgen, da Lokalanästhetika bakterizide Eigenschaften aufweisen und somit den Keimnachweis erschweren. Sofern genügend Aspirat gewonnen werden kann, sollte im Rahmen der Punktion ebenfalls eine Zellzahlbestimmung erfolgen. Mehr als etwa 2700 Leukozyten/µl Punktat bzw. ein Granulozytenanteil über 65% lassen eine Infektion sehr wahrscheinlich erscheinen [6].

Sofern es zu einer Revisionsoperation kommt, sollten intraoperativ Gewebeproben zur mikrobiologischen Untersuchung entnommen werden. Diese Gewebeproben sollten neben der mikrobiologischen Untersuchung ebenfalls histologisch aufgearbeitet werden. Dadurch gelingt eine Differenzierung zwischen verschiedenen Formen einer Prothesenlockerung: Es gilt, abriebinduzierte Prothesenlockerungen (Typ I) von infektiösen Lockerungen (Typ II) zu unterscheiden. Neben diesen beiden Formen kann histologisch außerdem eine Kombination der beiden genannten vorliegen (Typ III). Die Genese des kollagenreichen Indifferenztyps (Typ IV) ist weder abriebinduziert noch infektiös [4].


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Therapie

Die Therapie der PPI steht auf zwei Säulen. Neben der chirurgischen Sanierung ist zwingend eine adjuvante Antibiotikatherapie durchzuführen. Eine alleinige antibiotische Therapie wiederum wird eine PPI nicht beherrschen können.

Chirurgische Therapie

Die Behandlung der PPI ist eine Einzelfallentscheidung. Zwar gelten in der Therapie unterschiedliche Empfehlungen zur Therapie von Früh- oder Spätinfekten, jedoch sind die körperliche Konstitution der Patienten, die Compliance und deren funktioneller Anspruch mit in das Konzept einzubeziehen.

Sofern es sich bei der PPI um einen Frühinfekt oder einen hämatogenen Spätinfekt einer korrekt implantierten Prothese handelt, sollte versucht werden, das Implantat zu erhalten. Durch eine lokale Revision mit Wechsel mobiler Implantatkomponenten (Inlay, Kopf), gründlichem chirurgischem Débridement, Spülung und ggf. Einlage von Antibiotikaträgern (z. B. Antibiotikaketten oder antibiotikahaltige Trägersubstanzen) wird versucht, die Infektion zur Ausheilung zu bringen.

Sollte sich nach dem endoprothesenerhaltenden Eingriff keine Infektberuhigung einstellen, wird die Explantation der Prothese empfohlen. Die Empfehlungen für eine Prothesenreimplantation sind nicht einheitlich. Somit werden bei einem einzeitigen Prothesenwechsel unter bestimmten Voraussetzungen (bekannter Keim mit adäquater antibiotischer Sensibilität, gute Weichteilverhältnisse und Knochenlager, keine vorangegangenen Revisionsoperationen) in einem Eingriff die Explantation der infizierten Prothese und die Neuimplantation durchgeführt. Beim am weitaus häufiger durchgeführten mehrzeitigen Wechsel wird im ersten Schritt die Endoprothese ersatzlos entfernt (Girdlestone-Situation) oder durch einen artikulierenden oder nicht artikulierenden, Antibiotika freisetzenden Knochenzementplatzhalter (in seltenen Fällen durch Interimsendoprothesen) ersetzt und in einem zweiten Schritt bei klinischer und paraklinischer Infektfreiheit die Endoprothesenreplantation durchgeführt.

Bei Vorliegen eines Spätinfekts kann davon ausgegangen werden, dass die Prothese von einem reifen Biofilm überzogen ist, der die antibiotische Therapie massiv erschwert. Daher sollte bei einem Spätinfekt der direkte Prothesenausbau erfolgen. Durch die passagere Implantation von Platzhaltern kann die Extremität zur Lagerung der Patienten stabilisiert werden.

Oft müssen bei der Behandlung jedoch aufgrund der individuellen Bedürfnisse oder der Patientenkonstitution Kompromisse eingegangen werden. So werden multimorbiden Patienten keine mehrfachen Revisionsoperationen zugemutet werden können. In diesen Fällen ist keine Infektsanierung anzustreben. Durch palliative Maßnahmen wie der Anlage einer Dauerfistel oder Dauerdrainageneinlage kann ein Sekretabfluss gewährleistet werden und somit das Risiko einer septischen Einschwemmung reduziert werden. Alternativ oder ergänzend ist in diesem Fall beim Vorliegen eines für orale Antibiotika sensiblen Keims eine langfristige Antibiotikagabe als suppressives Therapiekonzept zu erwägen.

Praxis

Präoperative Checkliste

  • Liegen anamnestische Risiken (Antikoagulation, Allergien gegenüber Antibiotika) vor?

  • Kontrolle der Weichteile und des Allgemeinzustands

  • Dokumentation der peripheren Durchblutung, Motorik und Sensibilität, ggf. neurologische Befunderhebung

  • Liegt eine ausreichende Bildgebung vor?

  • Kontrolle der laborchemischen Befunde und Bereitstellung von Erythrozytenkonzentraten

  • Markierung der betroffenen Seite

  • Umfassende Aufklärung erfolgt?

Praxis

Chirurgische Aufklärung

  • Vorgehen und Ausdehnung des Eingriffs (z. B. Implantatentfernung) nach intraoperativem Befund

  • Stabilisierung durch andere Verfahren (Knochenzementplatzhalter, Fixateur externe, Schienen)

  • schichtübergreifendes Entfernen von erkranktem Gewebe (auch Knochen, Muskeln und Sehnen)

  • intraoperative Frakturen

  • Einlage von Antibiotikaträgern

  • Hautdefektdeckung durch Vakuumokklusion oder Kunsthaut

  • Sepsis bei intraoperativer Einschwemmung von Bakterien in den Blutkreislauf

  • bei Erhalt der Prothesen: Luxationen aufgrund Weichgewebeschwächung

  • Folgeoperationen bis zum Verlust der Extremität bei nicht beherrschbaren Infekten

  • andauernde Immobilität

  • Fortschreiten und Ausdehnung des Infekts


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Antibiotische Therapie

Ziel der antibiotischen Therapie ist die Keimelimination. Vor dem Beginn ist eine entsprechende Materialgewinnung essenziell, um später die spezifische Antibiotikatherapie durchführen zu können. Somit ist eine vorzeitige Antibiotikatherapie bei dem Verdacht eines periprothetischen Infekts nur in Ausnahmesituationen (z. B. Sepsis) sinnvoll.

Da bisher keine evidenzbasierten Leitlinien zur Antibiotikatherapie bei PPI erstellt wurden, sollen an dieser Stelle nur die Grundlagen erläutert werden. Nach der entsprechenden Materialgewinnung durch eine Gelenkpunktion, oder besser eine intraoperative Gewebeentnahme, kann zunächst eine kalkulierte Antibiotikatherapie eingeleitet werden. Die kalkulierte Antibiotikatherapie sollte ein breites Wirkungsprofil aufweisen. Sie wird bis zum Erhalt des mikrobiologischen Befunds fortgeführt und kann danach entsprechend resistenzgerecht angepasst werden.

Auch bei der spezifischen Antibiotikatherapie wird zwischen einer prothesenerhaltenden Situation im Rahmen eines Frühinfekts und einem Prothesenausbau unterschieden.

Sofern im Rahmen eines Frühinfekts ein Erhaltungsversuch der Prothese erfolgt, sollte eine duale Antibiotikatherapie unter Ergänzung durch Rifampicin bei Vorliegen Rifampicin-sensibler Erreger durchgeführt werden. Rifampicin wird eine besondere Rolle in der Penetration des Biofilms zugesprochen. Es sollte jedoch aufgrund einer hohen Resistenzentwicklung nur in Kombination mit einem weiteren Antibiotikum und erst bei trockenen Wundverhältnissen (zur Verhinderung des retrograden Eindringens von Hautkeimen mit dem nachfolgenden Risiko der Entwicklung einer Rifampicin-Resistenz) angewandt werden [7]. Sofern in der letzten Operation noch eine Keimbesiedlung nachgewiesen wurde, sollte die antibiotische Therapie für zwei Wochen intravenös und für mindestens vier weitere Wochen oral erfolgen.


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Postoperative Maßnahmen/Nachbehandlung

Postoperativ sollte täglich eine Kontrolle des Lokalbefunds erfolgen, ebenso sind regelmäßige Kontrollen der Nieren- und Leberfunktion sowie Blutbildkontrollen durchzuführen. Die antibiotische Therapie muss nach Eingang des mikrobiologischen Befunds antibiogrammgerecht fortgeführt werden.

Bei prothesenerhaltenden Operationen kann meist weiterhin eine Vollbelastung durchgeführt werden. Nach einem Prothesenausbau muss die erlaubte Belastung dem individuellen Befund angepasst werden. Zur Prophylaxe von Thrombosen sollte jedoch eine Teilbelastung angestrebt werden.

Durch Immobilität induzierten Nebenerkrankungen (Pneumonien, Dekubiti) sollte durch Physiotherapie, Atemgymnastik und eine adäquate Hilfsmittelversorgung vorgebeugt werden.


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