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DOI: 10.1055/s-0044-101729
Knochen- und Weichteiltumoren – Schritt für Schritt
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
27. Juli 2018 (online)
Grundlagen
Klassifikation von Tumoreingriffen
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Prinzip
-
Präoperatives Festlegen eines Operationsziels. Mögliche Ziele:
-
Gewebsprobeentnahme zur Diagnosesicherung
-
Tumorentfernung bei nicht gesicherter Diagnose (Exzisionsbiopsie)
-
Tumorentfernung bei gesicherter Diagnose
-
-
Definition von Resektionsgrenzen mit einheitlicher Nomenklatur.
Grundlage: exakte Beschreibung von lokaler und systemischer Ausdehnung der Tumorerkrankung (= Staging).
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Tumorstaging
Enneking-System
Es handelt sich dabei um ein bewährtes und das am weitesten verbreitete Klassifikationssystem („for the surgical staging of musculoskeletal sarcoma“).
Klassifikation der Tumoren nach:
-
Malignitätsgrad: G 1 = niedriggradig maligne, G 2 = hochgradig maligne
-
lokaler Tumorausdehnung: T 1 = intrakompartmental, T 2 = extrakompartmental
-
An- bzw. Abwesenheit von Metastasen (Lymphknoten- oder Fernmetastasen)
Erläuterung Der Begriff des Kompartments geht von der Vorstellung aus, dass der Tumor in einem anatomischen Raum mit klar definierbaren anatomischen Grenzen entstanden ist. Eine intrakompartmentale Läsion hat diese Grenzen nicht durchbrochen, während eine extrakompartmentale Läsion infolge ihrer Aggressivität diese Grenzen nicht respektiert hat.
Durch Zugrundelegen der Enneking-Kriterien resultieren 5 mögliche Tumorstadien ([Tab. 1]). Dieses Stagingsystem lässt sich sowohl für Knochen- als auch für Weichteiltumoren anwenden.
Grad |
Beschreibung |
---|---|
I A |
niedriggradig maligner Tumor intrakompartmentaler Ausdehnung |
I B |
niedriggradig maligner Tumor extrakompartmentaler Ausdehnung |
II A |
hochgradig maligner Tumor intrakompartmentaler Ausdehnung |
II B |
hochgradig maligner Tumor extrakompartmentaler Ausdehnung |
III |
Nachweis von regionalen oder Fernmetastasen, unabhängig vom Malignitätsgrad und der lokalen Tumorausdehnung |
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TNM-Klassifikation der Knochentumoren ([Tab. 2])
Histologische Graduierung
-
G 1: gut differenziert
-
G 2: mäßig differenziert
-
G 3: schlecht differenziert
-
G 4: undifferenziert
Anmerkung Die meisten histologischen Graduierungssysteme kennen 3 Malignitätsgrade:
-
G 1: gut differenziert, niedriggradig maligne
-
G 2: mäßig differenziert, mittelgradig maligne
-
G 3: schlecht differenziert bis undifferenziert, hochgradig maligne
Grad |
Beschreibung |
---|---|
T = Primärtumor |
|
TX |
Primärtumor kann nicht beurteilt werden |
T0 |
kein Anhalt für Primärtumor |
T1 |
Tumor überschreitet Kortikalis nicht |
T2 |
Tumor durchbricht die Kortikalis ([Abb. 1]) |
N = regionäre Lymphknoten |
|
NX |
regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden |
N0 |
keine regionären Lymphknotenmetastasen |
N1 |
regionäre Lymphknotenmetastasen |
M = Fernmetastasen |
|
MX |
das Vorliegen von Fernmetastasen kann nicht beurteilt werden |
M0 |
keine Fernmetastasen |
M1 |
Fernmetastasen nachgewiesen |
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TNM-Klassifikation der Weichteiltumoren ([Tab. 3])
Grad |
Beschreibung |
---|---|
T = Primärtumor |
|
TX |
Primärtumor kann nicht beurteilt werden |
T0 |
kein Anhalt für Primärtumor |
T1 |
Tumor 5 cm oder weniger in größter Ausdehnung ([Abb. 2]) |
T2 |
Tumor mehr als 5 cm in größter Ausdehnung [Abb. 2]) |
N = regionäre Lymphknoten |
|
NX |
regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden |
N0 |
keine regionären Lymphknotenmetastasen |
N1 |
regionäre Lymphknotenmetastasen |
M = Fernmetastasen |
|
MX |
das Vorliegen von Fernmetastasen kann nicht beurteilt werden |
M0 |
keine Fernmetastasen |
M1 |
Fernmetastasen nachgewiesen |
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Klassifikation des chirurgischen Vorgehens
Enneking-Klassifikation
Dieser Nomenklatur liegen 2 Vorstellungen zugrunde.
-
Anatomische Abgrenzbarkeit des oder der Kompartmente, in welchen sich der Tumor befindet.
-
Reaktive Zone, die den Tumor in einer Ausdehnung von wenigen Millimetern umgibt. Hierbei kann es sich um eine Pseudokapsel handeln oder um „reaktives“ Gewebe, in dem sich mikroskopisch Satellitenabsiedelungen finden lassen.
Unter Zugrundelegung dieser Begriffe werden 4 Möglichkeiten unterschieden, einen Knochen- oder Weichgewebstumor zu entfernen ([Abb. 3] und [Abb. 4]).
Intraläsionale Resektion Der Tumor wird intraoperativ makroskopisch eröffnet, es verbleiben makroskopische oder mikroskopische Tumorreste.
Marginale Resektion Der Tumor wird en bloc reseziert, die Resektionsgrenzen passieren die marginale Zone. In einem hohen Prozentsatz der Fälle verbleiben mikroskopische Tumorreste.
Weite Resektion Der Tumor wird en bloc einschließlich der reaktiven Zone und einer umgebenden gesunden Gewebsschicht entfernt. Die Grenzen des Resektionspräparats sind makroskopisch und mikroskopisch tumorfrei. In seltenen Fällen können intrakompartmentale Skipläsionen verbleiben.
Radikale Resektion Das oder die anatomischen Kompartmente, in welchen sich der Tumor befindet, werden komplett entfernt.
Bei diesen 4 Begriffen handelt es sich um eine verbindliche, international gängige Nomenklatur. Dies gilt insbesondere für den Begriff der „radikalen“ Resektion. Hiermit ist nicht die vollständige Tumorentfernung gemeint, sondern die Entfernung des gesamten tumortragenden anatomischen Kompartments!
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Alternative Klassifikation des chirurgischen Vorgehens
-
R0-Resektion: Entfernung des Tumors im Gesunden, keine makroskopischen oder mikroskopischen Tumorreste.
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R1-Resektion: makroskopisch vollständige Tumorentfernung, mikroskopische Tumorzellreste nachweisbar oder wahrscheinlich.
-
R2-Resektion: inkomplette Tumorresektion, makroskopische Tumorreste vorhanden.
Bei der Resektion von Weichgewebstumoren kann es für spätere Auswertungen zweckmäßig sein, die Schichtdicke des den Tumor umgebenden gesunden Gewebes anzugeben, da der Begriff des anatomischen Kompartments nicht für alle Weichgewebstumoren aufrechtzuerhalten ist (Beispiel: Weichteilsarkom im Bereich der Kniekehle).
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