Geburtshilfe Frauenheilkd 2024; 84(06): e59
DOI: 10.1055/s-0044-1787446
Abstracts │ BGGF
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Geburtshilfe

Fallbeispiel – Bestimmung von Interleukin 6 im Fruchtwasser als Prädiktionsmarker des Amnioninfektsyndroms bei vorzeitigem Blasensprung und drohender Frühgeburtlichkeit an der Grenze der Lebensfähigkeit

C. Rassel
1   München Klinikum Neuperlach/ Harlaching, Gynäkologie und Geburtshilfe, München, Deutschland
,
Y. Link
1   München Klinikum Neuperlach/ Harlaching, Gynäkologie und Geburtshilfe, München, Deutschland
,
S. Frangini
1   München Klinikum Neuperlach/ Harlaching, Gynäkologie und Geburtshilfe, München, Deutschland
,
M. Krüger
2   München Klinikum Harlaching, Neonatologie, München, Deutschland
,
K. Ackermann
2   München Klinikum Harlaching, Neonatologie, München, Deutschland
,
C. Brickmann
2   München Klinikum Harlaching, Neonatologie, München, Deutschland
,
C. Scholz
1   München Klinikum Neuperlach/ Harlaching, Gynäkologie und Geburtshilfe, München, Deutschland
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Einleitung Die Amniozentese ist eine invasive Methode in der pränatalen Diagnostik, bei der Fruchtwasser aus der Fruchtblase gewonnen und untersucht wird. Neben der Diagnose von genetischen, chromosomalen und fetalen Anomalien können auch Untersuchungen von Biomarkern, wie Interleukin 6 und Glukose, aus dem Fruchtwasser Hinweise auf die Gesundheit des Fetus bringen. Interleukin 6 ist ein proinflammatorisches Zytokin und spielt eine entscheidende Rolle bei der Regulation von Immunantworten und Entzündungsprozessen. Die Bestimmung von Interleukin 6 und Glukose im Fruchtwasser bei Schwangeren mit einem vorzeitigen Blasensprung und Frühgeburtlichkeitsbestrebung kann als Prädiktionsmarker des Amnioninfektsyndroms für ein individuelles Therapiekonzept und für die Bestimmung des optimalen Entbindungszeitpunkts an der Grenze der Lebensfähigkeit hilfreich sein.

Material und Methodik Bei einer 32-jährigen IIIG/IP wurde bei Z.n. Frühgeburt in der 33. SSW und einem Spätabort in der 21. SSW eine prophylaktische Cerclage mit totalem Muttermundsverschluss komplikationslos in der 14+3 SSW durchgeführt. Die Gravida wurde in der 21+6 SSW bei rezidivierenden vaginalen Blutungen ohne Wehentätigkeit und erhöhten laborchemischen Infektparametern unklarer Ursache zur kalkulierten antibiotischen Therapie mit Unacid i.v. aufgenommen. Die Vaginalabstriche zeigten sich blande. Im stationären Verlauf kam es in der 23+0 SSW zu einem vorzeitigen Blasensprung mit klarem Fruchtwasser und vorzeitiger Wehentätigkeit. Die Infektparameter sanken unter der antibiotischen Therapie. Es erfolgte die Tokolyse oral mit Adalat und die antenatale Kortikosteriodtherapie in der 23+1 SSW nach Beratung und Konsens der Eltern. Bei persistierender Wehentätigkeit und gesunkenen maternalen Infektparametern wurde die Tokolyse im Verlauf auf Tractocile i.v. umgestellt. In der 23+2 SSW erfolgte die Amniozentese mit der Bestimmung von Interleukin 6 und Glukose im Fruchtwasser bei vorzeitigem Blasensprung als Prädiktionsmarker zur Festlegung des weiteren Managements.

Ergebnisse Bei einem nachgewiesenen Interleukin 6 von 18243 ng/l und Glucose von<4mg/dl wurde in Zusammenschau der Befunde die Indikation zur sek. Sectio caesarea in der 23+2 SSW gestellt. Bei V.a. Amnioninfektionssyndrom erfolgte die antibiotische Therapie des Frühgeborenen mit Piperacillin/Tazobactam i.v.. Es zeigten sich unauffällige Infektparameter und kein Keimnachweis in den Blutkulturen.

Zusammenfassung Durch die Bestimmung von Biomarkern, wie Interleukin 6 und Glukose, kann eine (subklinische) mikrobielle Invasion der Amnionhöhle bei einem vorzeitigen Blasensprung bei Frühgeburtslichkeitsbestrebung an der Grenze der Lebensfähigkeit durch eine Amniozentese nachgewiesen werden. Für den routinemäßigen klinischen Einsatz dieses prädiktiven Markers im Management der Frühgeburtlichkeitsbestrebung bedarf es einer fachlichen Expertise in einem Perinatalzentrum zur Durchführung der Amniozentese bei vorzeitigem Blasensprung und zur Einordnung in klinische Algorithmen weiterer klinischer Studien.



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Article published online:
14 June 2024

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