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DOI: 10.1055/s-0044-1790296
Doppeldiagnose Psychose und Sucht: Klinische Herausforderungen und Lösungsansätze
Etwa jeder zweite Mensch mit einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis entwickelt im Laufe seines/ihres Lebens auch einen schädlichen Substanzgebrauch oder Abhängigkeit von psychotropen Substanzen, am häufigsten von Cannabis, Stimulanzien oder Alkohol. Die Behandlung von Menschen mit der Doppeldiagnose Psychose und Sucht (DD-PatientInnen) ist anspruchsvoll, zeigen sie doch häufig eine schlechte Adhärenz und ungünstige Verläufe mit häufigen Rezidiven der Psychose und wiederholten stationären Akutaufnahmen („Drehtür“). Im Interesse einer aussichtsreichen Behandlung sollten Ansätze aus der psychiatrischen Krankenversorgung und der Suchttherapie integriert und aufeinander abgestimmt werden.
Nach zusammenfassender Darstellung der Grundlagen der Komorbidität werden die or-ganisationalen Bedingungen und die pharmako-, psycho- und soziotherapeutischen Elemente einer integrierten Behandlung von DD-PatientInnen dargestellt. Ferner wird die verfügbare Evidenz zur Effektivität verschiedener Behandlungsansätze zusammengefasst. Diese wird aktuell im Rahmen der Entwicklung einer neuen S3-Leitlinie zu Psychosen mit komorbider substanzbezogener Störung systematisch bewertet. Nach vorläufigen Ergebnissen können langfristig angelegte integrierte Behandlungsprogramme zu Verbesserungen der Adhärenz und sozialen Anpassung sowie Reduktionen des Konsums bei DD-PatientInnen führen. Die Ergebnisse lassen einerseits den verbreiteten therapeutischen Nihilismus im Umgang mit DD-PatientInnen ungerechtfertigt erscheinen, auf der anderen Seite unterstreichen sie die Notwendigkeit realistischer Zielsetzungen im Sinne der harm reduction, um Überforderungen von PatientInnen und TherapeutInnen und Therapieabbrüche zu vermeiden.
Publication History
Article published online:
19 September 2024
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Georg Thieme Verlag KG
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