Suchttherapie 2024; 25(S 01): S9
DOI: 10.1055/s-0044-1790312
Abstracts
Symposien
S04 Scham und Schuld und Geschlecht bei Suchtproblemen

Die Leistungssensible Suchttherapie – ein Update

Susanne Leiberg
1   Psychotherapie, Praxis Alte Spinnerei, Windisch, Schweiz
,
Martin Fleckenstein
1   Psychotherapie, Praxis Alte Spinnerei, Windisch, Schweiz
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Hintergrund und Fragestellung: Die Leistungssensible Suchttherapie soll eine leistungssensible, von Stolz und Ehrlichkeit geprägte Haltung bei Betroffenen und Angehörigen fördern und damit Rückfällen vorbeugen. In Sitzung 1 lernen Betroffene, dass Abstinenz eine täglich zu erbringende Leistung ist. In Sitzung 2 wird Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und nahestehenden Personen als Voraussetzung für Abstinenz und Unterstützung besprochen. In Sitzung 3 sind die Angehörigen anwesend, sie werden als ebenfalls Leistungserbringende gewürdigt, und ihnen wird die leistungssensible Haltung nahegebracht. In Forschungsprojekten konnten wir zeigen, dass LST-Teilnehmende signifikant weniger Konsumereignissen während einer stationären Therapie aufwiesen und drei Monate nach Austritt bei Konsumereignissen signifikant häufiger ihnen nahestehende Personen einbezogen und tendenziell weniger lange Konsumereignisse hatten.

Methoden/Erläuterung des Versorgungsprojektes: In unserer Arbeit mit der LST erlebten wir bei Patient:innen, dass die Einführung der leistungssensiblen Haltung oftmals ein Aha-Moment war, aber dass es den Betroffenen manchmal noch schwerfiel, diese konstruktive Haltung für sich anzunehmen und zu verinnerlichen. Hier stehen oft die starken Scham- und Schuldgefühle noch im Wege. Scham- und Schuldgefühle können mit Selbstmitgefühl, einer liebevollen Haltung sich selbst gegenüber, verringert werden. Deshalb haben wir die LST um ein weiteres Modul zum Thema Selbstmitgefühl erweitert. Es soll den Aufbau von Selbstmitgefühl und das Verständnis der Betroffenen für sich als Leistungserbringer:innen fördern.

Ergebnisse/Erfahrungen, Erwartungen: Eine Befragung der Patient:innen ergab, dass das neue Modul von ihnen als sinnvoll, hilfreich und entlastend empfunden wird. Auch verringerten sich Schuldgefühle und stieg das Wohlbefinden, wobei das Design keine kausalen Schlüsse erlaubt.

Diskussion und Schlussfolgerung: Abhängigkeitserkrankungen gehen zumeist mit massiven Schuld- und Schamgefühlen einher. Die Einnahme einer leistungssensiblen Haltung, wie sie in der LST vermittelt wird, bietet hier eine Entlastung und eine positive Sichtweise auf die eigene Situation als Betroffene:r im Suchtausstiegsprozess an. Das neue Modul Selbstmitgefühl der LST, soll die Akzeptanz der leistungssensiblen Haltung weiter stützen.

Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen: Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, welche die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.



Publication History

Article published online:
19 September 2024

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