Suchttherapie 2024; 25(S 01): S10-S11
DOI: 10.1055/s-0044-1790315
Abstracts
Symposien
S05 Mechanismen der verringerten Kontrolle bei Substanzabhängigkeiten und Verhaltenssüchten – Erkenntnisse aus dem TRR265 und der FOR2974

Neuronale Korrelate von kognitiver Kontrolle: Zusammenhänge mit Substanzkonsum und Symptomen der Substanzkonsumstörung

Malin Katharina Hildebrandt
1   Professur für Suchtforschung, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland
,
Kristina Schwarz
1   Professur für Suchtforschung, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland
,
Raoul Wuellhorst
1   Professur für Suchtforschung, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland
,
Tanja Endrass
1   Professur für Suchtforschung, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland
› Author Affiliations
 

Hintergrund und Fragestellung: Hypoaktivität des Frontalhirns während inhibitorischer Kontrolle wird als Risikofaktor für Substanzkonsumstörungen diskutiert, aber Gruppenvergleiche mit Kontrollproband:innen, die wenig bis gar nicht konsumieren, zeigen uneinheitliche Ergebnisse. Das könnte darauf zurückzuführen sein, dass neuronale Aktivierung während inhibitorischer Kontrolle unterschiedlich mit dem Ausmaß des Substanzkonsums und Substanz-bezogenen Problemen (Symptomen), also zwei korrelierten, aber unterschiedlichen Aspekten der Substanzkonsumstörung, zusammenhängt. Dies könnte einen potentiell konfundierenden Effekt auf die Ergebnisse gehabt haben. In dieser präregistrierten Studie untersuchten wir, ob neuronale Korrelate der inhibitorischen Kontrolle spezifisch mit Substanz-bezogenen Problemen, also dem definierenden Element der Substanzkonsumstörung, zusammenhängen.

Methoden/Erläuterung des Versorgungsprojektes: Der Substanzkonsum des vergangenen Jahres, Substanz-bezogene Probleme und eine Stop-Signal-Task während fMRT wurden bei 121 (Poly-)Substanzkonsument:innen erfasst, 107 davon nahmen an einer Follow-up Untersuchung ca. ein Jahr später teil. Wir testeten die Assoziation zwischen neuronaler Aktivierung während inhibitorischer Kontrolle in vordefinierten Hirnregionen (ROIs) und Substanz-bezogenen Problemen und kontrollierten dabei statistisch für das Ausmaß des Substanzkonsums.

Ergebnisse/Erfahrungen, Erwartungen: Hypoaktivität im rechten inferioren frontalen Gyrus erklärte inkrementelle Varianz in Substanz-bezogenen Problemen über das Ausmaß des Substanzkonsums hinaus, während Hyperaktivität in derselben Hirnregion inkrementelle Varianz im Ausmaß des Substanzkonsums über die Probleme hinaus erklärte, sowohl querschnittlich (Probleme: p=.048, Konsum: p<.01) als auch prospektiv (Probleme auf Trendniveau: p=.096, Konsum: p=.01).

Diskussion und Schlussfolgerung: Wir zeigen, dass frontale Hypoaktivität während inhibitorischer Kontrolle spezifisch mit Substanz-bezogenen Problemen zusammenhängt, während Hyperaktivität möglicherweise Resilienz gegenüber Substanzkonsumstörungen vermittelt. Frühere widersprüchliche Ergebnisse könnten dadurch erklärt werden, dass diese gegensätzlichen Assoziationen nicht berücksichtigt wurden. Unsere Ergebnisse sprechen für einen dimensionalen Ansatz, in dem für das Ausmaß des Substanzkonsums kontrolliert wird (durch Design oder statistisch), um spezifische Assoziationen zu Substanz-bezogenen Problemen und damit der Störungsentwicklung aufzudecken.

Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen: Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, welche die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten. Erklärung zur Finanzierung: Diese Studie wurde unterstützt durch die Else Kröner-Fresenius-Stiftung (Grant No.2020_EKEA.70 ) und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (GrantNo. SFB940/TP C06 and TRR 265, B01).



Publication History

Article published online:
19 September 2024

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