RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-0044-1790347
Interaktionen affektiver und kognitiver Prozesse zur Erklärung der Symptomschwere von Internetnutzungsstörungen
Hintergrund und Fragestellung: Aktuelle Ätiologiemodelle der Verhaltenssüchte, wie z.B. das I-PACE Modell, gehen von Interaktionen affektiver und kognitiver Prozesse bei der Entstehung und Aufrechterhaltung süchtigen Verhaltens aus. In der DFG-geförderten Forschungsgruppe FOR2974 werden die zentralen Annahmen des I-PACE Modells für verschiedene Internetnutzungsstörungen (Computerspielstörung, Kauf-Shoppingstörung, Pornographie-Nutzungsstörung und Soziale-Netzwerke-Nutzungsstörung) geprüft. Ziel dieses Beitrags ist es, die ersten Befunde zu Interaktionen affektiver und kognitiver Mechanismen zur Erklärung der Symptomschwere von Internetnutzungsstörungen vorzustellen.
Methoden/Erläuterung des Versorgungsprojektes: Die Daten aus der FOR2974-Kohorte (Zwischenstand N=783) wurden mittels theoriegeleitetem Strukturgleichungsmodell (weitestgehend latent modelliert) ausgewertet. Für das Strukturgleichungsmodell wurden Daten aus der FOR2974-Kernbatterie verwendet: zehn Prädiktorvariablen zur Modellierung fünf latenter Dimensionen (selbstberichtete Selbstkontrolle, Copingstil, generelle Exekutivfunktionen, Psychopathologie, Impulsivität), zehn Variablen zur Modellierung von vier Mediatoren (Reinforcement, Nutzungserwartungen, Reiz-Reaktivität/Craving, stimulus-spezifische Inhibitionskontrolle) und drei Variablen (klinisches Interview und zwei Screeningverfahren) zur Modellierung der Symptomschwere als abhängige Variable.
Ergebnisse/Erfahrungen, Erwartungen: Das Modell zeigt eine Passung der theoretischen Vorhersagen mit den empirischen Daten. Die Effekte von Selbstkontrolle, Copingstil und Psychopathologie auf die Symptomschwere werden über Reinforcement, Nutzungserwartungen und Reiz-Reaktivität/Craving mediiert. Der Effekt genereller Exekutivleistungen auf die Symptomschwere wird durch stimulus-spezifische Inhibitionskontrolle mediiert.
Diskussion und Schlussfolgerung: Das empirische Modell bestätigt die zentralen Annahmen des I-PACE Modells bezüglich der Interaktionen von prädisponierenden Variablen mit affektiven und kognitiven Prozessen zur Erklärung der Symptomschwere von Internetnutzungsstörungen. Die Richtungen der Effekte weisen zudem auf die theoretisch angenommene Bedeutung einer zunehmenden Imbalance zwischen stärker werdenden affektiven Prozessen (z.B. höhere Reizreaktivität/Craving) einerseits und Reduktionen kognitiver Kontrolle andererseits hin, wobei die entsprechenden kausalen Effekte nur durch Langzeitstudien geprüft werden können. Die Modellannahmen wurden mittels der aggregierten Stichprobe der FOR2974-Kohorte geprüft, ohne zwischen verschiedenen Formen der Internetnutzungsstörungen zu differenzieren. Dadurch wurden gemeinsame Mechanismen identifiziert. Störungsspezifische Variablen sollten in den Modellen zur Prüfung differentieller Effekte und dem Vergleich der verschiedenen Formen von Internetnutzungsstörungen berücksichtigt werden.
Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen: Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, welche die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.
Erklärung zur Finanzierung: Die Studie wurde im Rahmen der Forschungsgruppe ACSID, FOR2974, durchgeführt, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert wird – 411232260.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
19. September 2024
© 2024. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany