Suchttherapie 2024; 25(S 01): S31
DOI: 10.1055/s-0044-1790368
Abstracts
Symposien
S19 Bedürfnisse von Menschen der „Drogenszene“ und kritische Reflexion deren Adressierung in der Suchthilfe

Szenebefragung zur Substitution: Barrieren und Bedarfe

Heike Zurhold
1   Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg, UKE-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
,
Silke Kuhn
1   Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg, UKE-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
,
Uwe Verthein
1   Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg, UKE-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
,
Jens Reimer
1   Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg, UKE-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
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Hintergrund und Fragestellung: Die Behandlung opioidabhängiger Menschen mit Substitutionsmedikamenten ist die verbreitetste und effektivste Therapieform. In 2023 befanden sich 81.600 Opioidabhängige in einer Substitutionsbehandlung, wobei dieser Anteil seit 5 Jahren relativ konstant ist. Dennoch ist weniger als die Hälfte der geschätzten Anzahl Opioidabhängiger in Deutschland gegenwärtig in Substitution. Bislang ist unklar, warum Opioidabhängige eine Substitutionsbehandlung ablehnen oder abgebrochen haben. Dieser Frage wurde aus Perspektive von nicht-substituierten Opiodabhängigen in der Drogenszene in einer aktuellen Studie nachgegangen.

Methoden/Erläuterung des Versorgungsprojektes: Eine Querschnittstudie wurde im Umfeld niedrigschwelliger Drogenhilfe (Konsumräume, Streetwork) in Frankfurt und Hamburg sowie in drei Kleinstädten durchgeführt. Zielgruppe waren erwachsene Opioidabhängige, die aktuell nicht oder noch nie substituiert waren. Insgesamt 233 Personen haben einen standardisierten Fragebogen ausgefüllt und mit 27 Personen wurden persönliche qualitativen Interviews geführt.

Ergebnisse/Erfahrungen, Erwartungen: Personen mit Substitutionserfahrung nannten als vorrangige Behandlungsbarrieren, clean werden zu wollen, nicht täglich eine Praxis aufsuchen zu wollen und den schwierigen Entzug von Substitutionsmitteln zu vermeiden. Des Weiteren führte der fortgesetzt hohe Beikonsum zur Beendigung der Substitution. Unter den Substitutionsnaiven lehnten 40% eine Substitutionsbehandlung grundsätzlich ab, wollten lieber clean sein oder aber nicht aufhören, Drogen zu nehmen. Ein Fünftel besaß zum Befragungszeitpunkt keine Krankenversicherung. Knapp über ein Drittel der Befragten äußerte einen Substitutionsbedarf – jedoch unter der Bedingung von Take-Home, der Mitbestimmung über Dauer, Dosierung und Medikament und keine Obdachlosigkeit.

Diskussion und Schlussfolgerung: Bei niemals Substituierten waren Vorbehalte gegenüber einer Substitutionsbehandlung überwiegend prinzipieller Natur; diese Personen lassen sich kaum von den Vorteilen einer Substitution überzeugen. Personen mit Substitutionserfahrungen erwarten Selbstbestimmung und ein flexibleres Behandlungskonzept. Für Obdachlose oder Personen ohne Krankenversicherung ist ein niedrigschwellig ausgerichtetes Substitutionsangebot (keine formale Voraussetzungen) nötig.

Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen: Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, welche die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten. Erklärung zur Finanzierung: Die Studie wurde von Camurus GmbH gefördert. Erhalt von Fördergeldern von Camurus Pharmaindustrie zur Durchführung einer Studie. Daraus entsteht keinerlei Einflussnahme auf das eingereichte Abstract.



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Article published online:
19 September 2024

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