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DOI: 10.1055/s-0044-1790376
Übergang von zielgerichtetem zu habituellem Verhalten und Modulation durch akuten Stress bei Personen mit problematischem Kaufverhalten
Hintergrund und Fragestellung: Die Suchtforschung untersucht zunehmend Mechanismen wie den Pavlovian-to-instrumental (PIT) Transfer und den Übergang von zielgerichtetem zu habituellem Verhalten. Unter Stress könnte habituelles Verhaltens bei Personen mit (nicht) substanzgebundenen Störungen begünstigt werden. Ob dies auch bei Personen mit problematischem Kaufverhalten der Fall ist, wurde mit einer experimentellen Studie untersucht.
Methoden/Erläuterung des Versorgungsprojektes: Personen mit problematischem Kaufverhalten (2–4 erfüllte DSM-5 Kriterien) und Personen mit unproblematischem Kaufverhalten (0–1 Kriterien) bearbeiteten ein PIT-Paradigma mit suchtspezifischen Stimuli. Dies bestand aus einer Pavlovschen und einer instrumentellen Trainingsphase sowie einer Transferphase, in welcher der Einfluss konditionierter störungsrelevanter Stimuli auf instrumentelles Verhalten untersucht wurde. Vor der Transferphase wurde bei der Hälfte der Probanden eine Stressinduktion (Trier Social Stress Test, TSST) durchgeführt (die andere Hälfte Placebo-TSST) und die Stressreaktivität über Marker des sympathischen (Alpha-Amylase) und des hormonellen Stresssystems (Speichelcortisol) gemessen. Nach der Hälfte der Blöcke der Transferphase wurde eine Devaluation der shoppingbezogenen Belohnung durchgeführt. Instrumentelles Verhalten trotz Ausbleibens der shoppingbezogenen Belohnung weist auf habituelles Verhalten hin.
Ergebnisse/Erfahrungen, Erwartungen: Personen mit problematischem Kaufverhalten zeigten höhere Ausgangswerte des sympathischen Stresslevels und eine stärkere Stressreaktivität im sympathischen Stresssystem. Keine Unterschiede fanden sich im Speichelcortisol und subjektivem Stress. Beide Gruppen zeigten PIT-Effekte, da die Darbietung störungsrelevanter Stimuli die Ausführung der instrumentellen Reaktion erhöhte. Der PIT-Effekt war nach Devaluation reduziert, allerdings nicht gelöscht. Der PIT-Effekt nach Devaluation als Maß für habituelles Verhalten konnte durch eine Interaktion von Stressreaktivität (Speichelcortisol bzw. subjektiver Stress, aber nicht Alpha-Amylase) und Symptomschwere vorhergesagt werden.
Diskussion und Schlussfolgerung: Die Interaktion von Stressreaktivität und Symptomschwere auf den PIT-Effekt nach der Devaluation verdeutlicht die Relevanz von Stress bei der Ausbildung habituellen Verhaltens im Kontext problematischen Kaufverhaltens. Die Bearbeitung habituellen Verhaltens durch kognitive Trainings und Stress-Management-Trainings sind klinische Implikationen der Ergebnisse. Ebenso sind die Ergebnisse für Prävention und Frühintervention relevant, da sich habituelles Verhalten bereits bei Personen mit problematischem Kaufverhalten zeigt.
Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen: Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, welche die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten. Erklärung zur Finanzierung: Die Studie wurde im Rahmen der Forschungsgruppe ACSID, FOR2974, durchgeführt, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert wird – 411232260.
Publication History
Article published online:
19 September 2024
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