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DOI: 10.1055/s-0044-1790406
Eine systematische Übersicht und Einordnung der internationalen Literatur zur Wirksamkeit alkoholpolitischer Maßnahmen
Hintergrund und Fragestellung: Obwohl die Wirksamkeit alkoholpolitischer Maßnahmen weithin anerkannt ist, sind empirische Übersichtsarbeiten, die ihre Auswirkungen auf Alkoholkonsum quantifizieren, überraschend selten. Die vorliegende Arbeit untersucht, ob Erhöhungen der Alkoholbesteuerung, die Einführung eines Mindestpreises (Minimum Unit Pricing, MUP) und Einschränkungen der zeitlichen Verfügbarkeit alkoholischer Getränke zu einem Rückgang der Konsumraten in verschiedenen Bevölkerungsgruppen beitragen.
Methoden/Erläuterung des Versorgungsprojektes: Die Ergebnisse werden in Übereinstimmung mit den PRISMA-Richtlinien für systematische Reviews berichtet. Der Studienplan wurde bei Prospero (CRD42022339791) registriert. Zwischen August und September 2022 wurden Literaturdatenbanken (Web of Science, Medline, PsycInfo, Embase und EconLit) nach Interventions- oder Beobachtungsstudien durchsucht, die den Effekt von (i) Alkoholbesteuerung, (ii) MUP oder (iii) Einschränkung der zeitlichen Verfügbarkeit von Alkoholverkaufsstellen auf den individuellen oder bevölkerungsweiten Alkoholkonsum untersuchen. Der Fokus der statistischen Analyse lag auf der prozentualen Veränderung des Alkoholkonsums, wobei eine metaanalytische Auswertung erfolgte, wenn mindestens drei unabhängige Studien vorlagen. Veränderungen in Konsummustern wurden narrativ zusammengefasst.
Ergebnisse/Erfahrungen, Erwartungen: 36 Studien aus 14 Ländern erfüllten die Einschlusskriterien. Die Verdopplung der Alkoholsteuern oder die Einführung eines Mindestpreises (0.90 Internationale Dollar/10 g reinen Alkohols) führte zu einer Verbrauchsreduzierung von ca. 10% (für Steuern: 95% Vorhersageintervall [PI]: -18.5%, -1.2%; für Mindestpreis: 95% PI: -28.2%, 5.8%). Die Einschränkung des Alkoholverkaufs um einen Tag pro Woche reduzierte den Konsum durchschnittlich um 3.6% (95% PI: -7.2%, -0.1%). Es gibt Hinweise, dass preispolitische Maßnahmen besonders bei einkommensschwachen Gruppen den Alkoholkonsum senken, wobei die Evidenz für andere soziodemografische Faktoren wie Geschlecht oder Ethnizität unzureichend war.
Diskussion und Schlussfolgerung: Die drei untersuchten alkoholpolitischen Maßnahmen tragen allesamt zu einem Rückgang der Konsumniveaus und folglich alkoholbedingter Schäden bei. Weitere Forschung ist erforderlich, um mögliche Unterschiede in der Wirksamkeit, insbesondere bei Gruppen mit überproportionaler alkoholbedingter Gesundheitsbelastung, zu bestimmen. Obgleich keine der eingeschlossenen Studien Deutschland untersuchte, diskutieren wir die Relevanz dieser Ergebnisse für Deutschland, welches angesichts einer besonders hohen Erschwinglichkeit von Alkohol durch preispolitische Anpassungen profitieren könnte.
Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen: Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, welche die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten. Erklärung zur Finanzierung: National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism, National Institutes of Health (USA): R01AA028009 (Principal Investigator: Charlotte Probst)
Publication History
Article published online:
19 September 2024
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