Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0044-1790422
Essstörungen bei Patienten mit einer Substanzkonsumstörung unter institutionell erzwungener Abstinenz
Hintergrund und Fragestellung: Die Komorbidität von Essstörungen und Substanzkonsumstörungen wird meist in klinischen Stichproben mit Essstörungspatientinnen untersucht. Es kann allgemein von einer Unterdiagnostizierung von Essstörungen bei Männern ausgegangen werden. In unserer Studie wurden Patienten mit einer Substanzkonsumstörung aufgenommen, die aufgrund ihrer Unterbringung in einer Maßregelvollzugsklinik zur Abstinenz gezwungen waren, und auf das Vorhandensein von Essstörungen und Muskeldysmorphie und die Bedingungen dieser Störungen untersucht wurden.
Methoden/Erläuterung des Versorgungsprojektes: Die Stichprobe bestand aus 56 männlichen Patienten, die aufgrund einer Straftat in Zusammenhang mit einer Substanzkonsumstörung in einer Maßregelvollzugsklinik untergebracht waren. Zur Untersuchung der Fragestellung wurden Essstörungssymptome, Muskeldysmorphiesymptome, Selbstwert, Körper-Selbst-Beziehungen, Männlichkeitsrollennormen und Aggressivitätsfaktoren sowie klinische und soziodemographische Variablen erfasst.
Ergebnisse/Erfahrungen, Erwartungen: Die BMIs der untersuchten Patienten lagen in etwa 25% der Fälle im Bereich des Übergewichts und in über 40% im adipösen Bereich. Diese Befunde standen im Einklang mit der psychometrisch erfassten Psychopathologie von Essstörungen. Patienten, die einen erhöhten BMI aufwiesen, unterschieden sich hinsichtlich ihrer Angaben zu Essstörungssymptomen signifikant von Patienten mit einem BMI im Normbereich. Hinweise auf Muskeldysmorphien fanden sich bei der untersuchten Stichprobe nicht.
In Regressionsmodellen zeigte sich, dass der BMI durch Zufriedenheit mit dem eigenen Aussehen, dem Lebensalter, Sorgen bezüglich Übergewichts und der Interaktion zwischen Zufriedenheit mit dem eigenen Aussehen und dem Alter vorhergesagt werden konnte. Essstörungssymptome konnten durch Selbstwert, Zufriedenheit mit einzelnen Körperregionen, Sorgen bezüglich Übergewichts und dem Lebensalter und der Interaktion zwischen Alter und Zufriedenheit mit einzelnen Körperregionen bestimmt werden. Schließlich konnten für Körperdysmorphie spezifische Einstellungen durch Männlichkeitsnormen, external und internal gerichtete Aggression, Wichtigkeit von Aussehen, Lebensalter und den Interaktionen zwischen Alter und Männlichkeitsnormen sowie Alter und external gerichteter Aggression vorhergesagt werden.
Diskussion und Schlussfolgerung: Essstörungen müssen bei Patienten mit einer primären Suchterkrankung als komorbide Komplikation bedacht werden. Therapieansätze lassen sich in den untersuchten Bedingungen der Erkrankungen, wie Männlichkeitsnormen, Selbstwert, Relevanz des Aussehens und Aggressivitätseinstellungen finden.
Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen: Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, welche die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.
Publication History
Article published online:
19 September 2024
© 2024. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany